Die Medien berichteten ausgiebig über David Goodall, den 104-jährigen australischen Ökologieprofessor und Botaniker, der in die Schweiz reiste, um zu sterben – oder sich sterben zu lassen. Am 10. Mai um 12.30 Uhr verschied er an einem Herzstillstand infolge einer Nebutal-Infusion, umgeben von seinem Enkel und begleitet von Beethovens 9. Sinfonie.
David Goodall war der Ansicht, dass alle Menschen im Alter das Recht verdienen, den Freitod zu wählen und dabei Unterstützung zu erhalten, auch wenn keine tödliche Krankheit vorliegt.
Eine solche Denkweise führt unweigerlich zu Fragen. Frage Nummer 1: Wie definiert man das Alter? 2. Von welchem Alter an wäre der Freitod (ohne tödliche Krankheit) erlaubt? 3. Braucht es die Zustimmung des behandelnden Arztes zur Suizid-Durchführung? 4. Muss ein Psychiater nach einem Gespräch mit dem Todeswilligen seine Genehmigung zum Freitod geben? 5. Ist zu prüfen, ob der Todeskandidat alleine zu seinem Entschluss gelangt ist? 6. Sind die Angehörigen über den Exitus-Wunsch zu informieren? Es wären wohl noch viele Fragen hängig, was sicherlich eine langfristige bürokratische Prozedur mit sich ziehen würde.
Wie steht es eigentlich um das Selbstbestimmungsrecht des Menschen? Ist das Eingreifen des Staates ins Leben und Sterben von Menschen moralisch vertretbar? Steht dem Menschen nicht das Recht zu, über sein Sterben selbst zu entscheiden? Warum kann sich ein Mensch ungehindert vor einen Zug werfen, sich von einer Brücke stürzen oder mit dem Auto in einen Betonpfeiler rasen, aber nicht in einer gepflegten Umgebung ein zum Tode führendes Medikament schlucken? Unblutig und unspektakulär? Der Staat gibt kein Leben, also kann er es auch nicht nehmen und verbieten, es sich zu nehmen.
Und noch eine abschliessende Frage: Wird körperliches Leiden höher gewichtet als psychisches?
Wenn ein alter Mensch im Leben nicht mehr zurecht kommt, sein Leben satt hat, genug gelebt, gelitten und geliebt hat, seine Umgebung nicht mehr versteht, keine Lust mehr hat, irgend etwas zu verstehen, keine Freude mehr empfindet, auch nicht über das Vogelgezwitscher im Frühling, die Zukunft eine unwürdige Abhängigkeit und sonst gar nichts verspricht, dann ist er reif für den Tod.