20. September 2020 Doris Schöni 0Comment

Nun geht es mir an den Kragen, mutmasse ich, als der Metzger der www.Hofschlachtung.ch direkt auf mich zukommt. Tausend Dinge sausen durch meinen Kopf, tausendfünfhundert Belehrungen und zahllose Tricks von meinen Schwestern und Brüdern. Du, Bastard, herrscht mich der Metzger an, kommst nun sofort mit mir. Bastard? Sinniere ich. Beide Elternteile sind prämiiert, meine Mutter wurde Königin der Königinnen und mein Vater ist ein landauf-landab bekannter Zuchtbulle. Ich schnaube verächtlich. Der Metzger bindet mir einen Strick um den Hals und zerrt daran. Ich leiste Widerstand. Er schreit nach seinem Adlatus, der angerannt kommt. Dieser stösst mich von hinten vorwärts, während der Metzger an meinem Hals zieht. Es gelingt ihnen, mich in den Wagen www.hofschlachung.ch zu bugsieren. Ich werde immer wütender, besonders wenn ich mir überlege, dass irgend eine verwöhnte Göre auf meinem Fleisch herumbeissen wird. Also ramme ich meine Hörner in die Brust des Metzgers. Er heult auf und lässt den Strick um meinen Hals los. Ich strauchle aus der Todeszelle und verstecke mich unter meinen Artgenossen. Der Verletzte lässt sich behandeln. Auf seiner Stirn pulsiert eine Ader, sein Adamsapfel ist geschwollen und seine Lippen spucken unhörbare Flüche aus. O je, denke ich, nun wird er mich auf der Weide erschiessen, diese sogenannte Weidetötung wird als besonders human bezeichnet. Ein Bauer schreibt darüber: „Der Ursli ahnt bis zum letzten Bissen nichts. Er fällt tot um, die Seele steigt auf. So sieht ein würdevoller Tod für meine Nutztiere aus“. Welcher Zynismus … .

Ein Stier der Herde, ein riesiger Bulle, nimmt sich meiner an. Komm, raunt er mir zu, verstecke dich hinter mir. Und als der Metzger, eine Heugabel schwingend, vor der Herde auftaucht, sagt er: Folge mir, ich bringe dich an einen sicheren Ort. Ich folge ihm in eine Höhle, Von der untergehenden Sonne beleuchtet, entdecke ich eine Höhlenmalerei. O, flüstere ich, eine Höhlenmalerei. Weiber wären mir lieber, posaunt der Stier. Ich bringe dir etwas Gras, schlägt mein Retter vor. Milch wäre mir lieber, verulke ich ihn. Damit kann ich dir leider nicht dienen, lacht der beeindruckende Bovide. Wir verbringen die Nacht warm und kuschelig in der Höhle.

Am nächsten Morgen schleichen wir zu unserer Herde. Einige Kühe lachen mit abgewandten Köpfen, ich vernehme das Adjektiv „schwul“ und muhe: „Blöde Kuh“, dieser Menschenbegriff passt für solche Spiesserinnen. Der Stier flüstert mir zu, dass ich, um nicht auf mich aufmerksam zu machen, meine Schnauze halten müsse. Ich verspüre die dringende Lust, mich aus dieser Herde, dieser Landschaft und immer wieder diesem Metzger  zu verabschieden, also abzuhauen und die Welt kennen zu lernen. Es gelingt mir aber nicht, mich aus der kompakten Herde zu zu stehlen. Plötzlich entdecke ich den Metzger, der inmitten der Leiber nach einem Opfer sucht. Ich lasse mich fallen und werde von allen Seiten getreten, weil ich unter den Körpern mit den riesigen Eutern robbe.

Die Kuhhufe scheinen mich bewusstlos getreten zu haben. Als ich aufwache, befinde ich mich erneut im Wagen von www.hofschlachtung.ch. Ich beobachte aus den Augenwinkeln, wie der Metzger den Bolzenschussapparat vorbereitet. Das Timing rät zum Beten, doch als Atheistin kann ich nicht in letzter Sekunde einen Gott oder eine Göttin erfinden, der oder die mich für ein fiktives Paradies empfiehlt. Ich zittere vor mich hin, entleere mich, erinnere mich schnupfend an den 27. Mai 2020, als die Hof- und Weidetötung zur Fleischgewinnung vom Bundesrat genehmigt wurde, ein grosser Lärm reisst mich jedoch aus meiner Lethargie. Mein Stierretter oder Retterstier bricht in den Wagen www.hofschlachtung.ch ein, reisst die Türe aus der Angel, springt auf die mobile Schlachteinheit, auf der ich hätte entbluten müssen, trampelt über den Metzger und dessen Atlatus und stösst mich nach Draussen. Hals über Kopf fliehen wir in den Wald, wir hören Sirenen, aber entdecken keinen Mistgabel schwingenden Metzger. Gemächlich begeben wir uns zur Höhle mit den Höhlenzeichnungen.

Der Stier und ich haben uns im Canton et République du Jura niedergelassen. Dort wagt sich kein deutschschweizerischer Metzger hin. Die weiten, grünen Wiesen sättigen uns, Manchmal erwischen wir wohl oder übel in des einen oder anderen Hinterlassenschaften sanftlippige Pilze, die uns fröhlich, glücklich und übermütig stimmen. Mitunter habe ich Heimweh nach meiner Mutter, doch der sanftmütige Stier ersetzt sie voll und ganz. Wir blühen auf, muhen recht gut auf Französisch, meiden Bauern, da wir uns der gelben Plastikohrringe mit unserer Identität entledigt haben, ich, das Kalb, habe meine Verfolgungsangst therapieren lassen, aber im Unterbewusstsein, ganz tief in meinem Hirn gespeichert bleibt ein unsicheres Gefühl.

Der Metzger war nur leicht verwundet und der Atlatus leidet seitdem an Ohrensausen. Der Wagen www.hofschlachtung.ch jedoch ist dahin. Der Metzger kann sich die Anschaffung einer mobilen Schlachteinheit MSE-200A, die über 90 000 Franken kostet, nicht leisten. Also zimmert er sich aus einem alten Saurer-Lastwagen eine Art Hof-und-Weideschlachtung, eine einfache, aber solide Lösung. Da im Canton et République du Jura die Gesetze anders als in Deutschschweizer Kantonen gehandhabt werden und alles weniger kostet, beschliesst der Metzger, dort Hof- und Weideschlachtungen anzubieten. Er freut sich diebisch auf die Bolzenschüsse und das viele Blut beim Entbluten.

Zufall oder Vorherbestimmung: Ob Kalb und Metzger je wieder aufeinanderstossen werden? Fragen Sie www.hofschlachtung.ch.

 

 

 

 

Die Hof- und Weidetötung zur Fleischgewinnung wurde vom Bundesrat am 27. Mai 2020 genehmigt.

Das Tier wird beim Fressen in einem speziellen Abteil des Fressbereichs im Selbstfanggatter fixiert – meist ist es sich dies von der täglichen Fütterung her schon gewohnt. Hier wird es mit einem üblichen Bolzenschussgerät betäubt. Das betäubte Tier wird sofort mittels halbautomatischem Einzug in die mobile Schlachteinheit gezogen und darin entblutet – dieser Prozess muss innerhalb von 60 Sekunden geschehen. Anschliessend wird das tote Tier im Spezialanhänger für den restlichen Schlachtprozess in das nahegelegene Schlachtlokal transportiert. Im Prinzip ist der Ablauf derselbe wie bei einer herkömmlichen Schlachtung, mit Ausnahme, dass der erste Teil – das Betäuben und Entbluten – direkt auf dem Hof geschieht. Auch hier bleiben dem Tier die Trennung von seiner Herde, der belastende Transport und der Stress der oft langen Wartezeiten im Schlachthof, zusammen mit anderen verunsicherten Tieren, erspart.

Die mobile Schlachteinheit MSE-200A kostet über 90 000 Franken.

«Der Ursli ahnt bis zum letzten Bissen nichts. Er fällt tot um, die Seele steigt auf. So sieht ein würdevoller Tod für meine Nutztiere aus.»

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