13. April 2022 Doris Schöni 0Comment

Wer aber ist der Klügste im folgenden Zwist? Der Grund dieses Streits ist nicht relevat. Zwei ältere Semester, F und L genannt, schrieen sich im Garten eines Hauses in einem der vornehmsten Vororte der Hauptstadt an. Und waren sich danach spinnefeind – allerdings waren sie nie Freunde gewesen.

Fatalerweise spielte auch eine Frau in diesem Konflikt eine Rolle. Sie war der Auslöser, jedoch nicht der Grund für den Streit gewesen. F, der ihn vom Zaun gerissen hatte, verlangte von der Frau apodiktisch eine Entschuldigung von L.. Der Frau, ebenso eine Seniorin, gelang es nicht, L zu einer Entschuldigung zu bewegen, er widersetzte sich jeglichem Schlichtungsversuch.

F strafte die Frau für ihr Versagen, indem er ihr die Freunschaft kündigte. Er schwor, er werde sich niemals mehr in den Garten begeben, in dem sich die Auseinandersetzung abgespielt hatte. Die Frau verstand nicht, dass ihr F, als wäre sie eine Treulose, die Freundschaft entzog. Die Ehre des Mannes ist unantastbar. Das Ethos der Ehre ist ein männliches Ethos: Die Ehre gehört der Männergruppe. Die Frauen der Männergruppe sind Gefahrenquellen für den Verlust der Männerehre, liest man.

Die sachliche Bedeutung von Ehre beschreibt Wikipedia: Ehre bedeutet in etwa Achtungswürdigkeit oder „verdienter Achtungsanspruch“. Ehre kann einer Person als Mitglied eines Kollektivs oder Standes zuerkannt werden (etwa Ehre eines unbescholtenen Bürgers, eines guten Handwerkers oder eines Adligen, sie kann aber auch jemandem (etwa durch die Nobilitierung oder Verleihung eines Verdienstordens) von einem dazu Berechtigten zugesprochen werden. Gegenüber einer Person, der sich hinsichtlich des Ranges oder der Würde unterlegen gefühlt wird, ist ehrerbietiges Verhalten angebracht. Eine Person zu ehren bedeutet, ihr eine neue Ehre zuzuerkennen. Ehre (etwa die Kaufmannsehre) ist auch als ein sozialer Zwang unter freien Bürgern zu begreifen. Sie wird als Bestandteil der eigenen Persönlichkeit verstanden und muss erhalten und verteidigt werden. Eine freie Person muss nicht gezwungen werden, sie zwingt sich selbst. Das Gegenteil von Ehre ist die Schande. Damit ist oft der Verlust von Ehre (Demütigung) oder in milderer Form eine persönliche Blamage gemeint.

Dies zur Belehrung. Wie ging es aber weiter im Konflikt um die nicht erstattete Entschuldigung? Unerbittlich und stur beharrte F auf einer Entschuldigung, die L ebenso unerbittlich und stur ablehnte. Beide waren klug und schuldig. Vor einigen hundert Jahren hätten sie sich duelliert. Da beide altersmässig körperlich versehrt sind, käme also die Pistole und nicht der Degen in Frage. Ein Duell im Morgengrauen oder in der schummerigen Dämmerung. Polizei und Ambulanz würden in Reichweite sein. Der Frau blieb in ihrer Verwirrung nur noch die Flucht in die Fantasie … .

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