15. September 2017 Doris Schöni 0Comment

… als wir nachmittags Brownies buken? Einen Browniekuchen, dem wir einen ganzen Stängel Gras beifügten. Stängel aus dem Growland, als dieses noch nicht geschlossen worden war. An Samstagnachmittagen war dort Betrieb wie an den Champs-élysées. Die Auswahl war gross, man bekam alles, was man sich auch wünschen mochte. Es herrschte eine friedliche Atmosphäre. Kein Gerangel, niemand preschte zum Nachteil anderer nach vorne. Ja, die Kasse klingelte. Aber sie klingelt auch, wenn Wein eingekauft wird.

Den Kuchen schnitten wir in Stücke, die wir in Plastikbeutel versorgten und dann tieffroren. Die Beutel teilten wir brüderlich.

Weisst du noch, als wir nach dem Unterricht in Telefonkabinen – auch diese gab es noch reichlich – einen Joint zusammen rauchten? Manchmal kamen Polizisten vorbei, und du imitiertest ein Telefongespräch. Wir lachten und neckten uns. Aus dem Rauch in die benzingetränkte Luft der Stadt. Und Ciao. Bis bald. Pass auf dich auf.

Das Growland wurde geschlossen. Die anderen Grasläden auch. Die Stadt wurde „gesäubert“. Man drängte die Genussraucher in die Illegalität. Selber schuld. Sauf Bier, Wein und Schnaps. Sogar die „Grüne Fee“ ist wiedergekommen. Was wollten die Behörden damit erreichen? Die Halbwüchsigen vor einer „Droge“, die keine ist, bewahren? Sonderbar, dass es gelingt, den unter 18-Jährigen keine Alkoholika zu verkaufen. Wäre das nicht auch möglich mit Cannabis? Ein Ungleichheitsprinzip, das alle tolerieren. 

Die ganze Hysterie um Cannabis ist schliesslich ein Generationenproblem. Die ältere Generation – wenn sie nicht beim Blauen Kreuz dem Alkohol abgeschworen hat oder an Magenproblemen leidet – trinkt und scheut den Griff zur Pille nicht. Dass Alkohol Tausende von Gehirnzellen abtötet, ist legal. Dass Medikamente Nebenwirkungen aufweisen, die schädlich sein können, wird verdrängt. Abertausende von älteren Menschen leiden an Einsamkeit und Depressionen. Antidepressiva schlagen oftmals auf den Magen. Warum hellt man diese bedauernswerten Menschen nicht mit Brownies auf?

Weisst du noch, als wir uns bei Parties in den ersten Stock flüchteten, um zusammen einen Joint zu rauchen? Unsere Absenz wurde nie kommentiert. War es Langeweile über die seichten Gespräche oder der Drang, auszubrechen aus dem gesellschaftlichen Zwang des Alkoholtrinkens? Verdrossen verschwanden wir und fröhlich kehrten wir zu den Gästen zurück.

Es ist die Autoritätsgläubigkeit, welche viele Bürger motiviert, an Abstimmungen über die Cannabis-Freigabe ein Nein in die Urne zu legen. Die meisten Menschen glauben gedankenlos an die Voten von „weiter oben“: Die Trennnung des Abfalls ist sakrosankt geworden. Zeitungen werden in mühseliger Kniffelei gebündelt. Das Glas wird nach Farbe in die Container versenkt. Das Rauchverbot im ganzen Berner Bahnhof provoziert keine Widerhandlung. Wie Schafe vor dem Zaun warten Unzählige bei der roten Ampel. Die Küchenabfälle trennt man vom übrigen Kehrricht, auch wenn man nicht weiss, welcher Unterschied zwischen Küchenabfällen und übrigem Kehrricht besteht. Das Essen am Steuer wird verboten, da die Verkehrsspezialisten jede Ablenkung als Gefahr einstufen; dass aber der Hunger eine weit grössere Ablenkung im Verkehr bedeutet, scheint ihnen zu entgehen. 

Etwa 6.5% der Schweizer kiffen. In einem Bericht des Tagesanzeigers vom Mai 2016 wurde festgestellt, dass 50 Prozent der rechts eingestellten Personen noch nie oder nur einmal gekifft haben. Die Kiffer auf dem Land und in der Stadt halten sich die Waage. Im Übrigen würden 83,8% der Schweizer eine Cannabis-Legalisierung befürworten. Warum also müssen die Cannabis-Liebhaber ihren Stoff an gefährlichen Orten beschaffen oder sich bei einem Arzt das nötige Rezept erschleichen? Ist es die Absicht der Behörden, den Kiffern die Beschaffung zu verunmöglichen, damit sie „bekehrt“ zum Glas greifen? 

Weisst du noch …

 

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