Man traut seinen Augen nicht. Siebzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs driftet Europa wieder nach rechts. Die zweite und dritte Generation nach den damaligen Augenzeugen sehnt sich nach „Führern“, Diktatoren, Autoritäten, Erhaltung der sogenannten weissen „Rasse“ (merke: Die Hautfarbe ist eine Klimafrage) sowie der christlichen Religion. Wer hat da versagt? Die Eltern, Lehrer, die Politik? Wurden die Nachkriegsgenerationen nicht aufgeklärt? Hat man einen Schleier über den Kriegsgräuel, den Holocaust, die Psychopathie des drogensüchtigen „Führers“ gelegt, um sich nicht mitschuldig fühlen zu müssen?
Die NZZ am Sonntag berichtet (am 21. April) über die Rückkehr in die Politik von Marine Le Pen in Frankreich, über den AfD-Chef Jörg Meuthen und den Lega-Vorsitzenden Matteo Salvini, die mit anderen rechtsgerichteten Parteien an den Wahlen ins Europäische Parlament mit einer neuen Rechtsfraktion einen Viertel der 751 Mandate in Strassburg erobern könnten. Mit von der Partie müsste auch die neue rechtsextreme Vox-Partei sein, die mit Macho-Sprüchen eine politische Wende in Spanien erzielen möchte (NZZ, 27.6.2018).
Eine vom römischen Dichter Ovid (43 v. Chr. bis um 18 n. Chr.). stammende Aussage lautet „Wehret den Anfängen“. Für jene Juden in Europa, die wegen ihrer Kippa oder dem Synagogen-Besuch auf offener Strasse angepöbelt werden, hat der Anfang bereits begonnen. Werden Antisemitismus (wieder) und Islamophobie (neu) salonfähig? Warum revidieren vermeintlich rechtschaffende Bürger ihre Vorurteile gegen Israel und seine Einwohner so wenig wie sie ihr Unwissen über die Geschichte, Religion und Kultur islamischer Staaten korrigieren?
Ist einmal mehr Zynik die einzige Waffe gegen drohenden Unbill? Frage: Was nützt den kommenden Generationen eine Co2-freie Luft, wenn sie von rechtsextremen Politikern wegen ihrer Religionszugehörigkeit und ihrer Hautfarbe diskriminiert werden?
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