… Menschen nach dem fünfzigsten Altersjahr oder gar jenseits des Pensionierungsalters keine Arbeit mehr finden? Wer ist verantwortlich für die gängig gewordene These, ältere Personen seien langsam, kompliziert, nicht mehr innovativ, rückwärtsgewandt, festgefahren oder sogar latent dement? Warum beschuldigt man sie, Jüngeren – vor allem Familienvätern – schliesslich selber verantwortlich für ihre Familien – die Arbeit wegzunehmen, obwohl sie mit einem beschränktem Pensum und in Nischenberufen tätig sein möchten?
Es gibt Menschen, die zählen die Tage, ja die Stunden, bis zur Pensionierung. Sie verrichteten wohl eine Arbeit, die ihnen nicht viel bedeutet. Sie sitzen ihre Zeit ab, aber dann, dann wollen sie leben, reisen, ihren Hobbies nachgehen, frei sein. Besonders Männer jedoch sterben oft kurze Zeit nach der Pensionierung. Oder irren in der Stadt umher und starren in jede Baugrube. Belästigen ihre Ehegattinnen im Haushalt, in dem sie alles besser wissen und können. Begleiten sie zum Einkaufen und geben über jedes Produkt einen Kommentar ab. Drängen zum Aufbruch, obwohl der Einkauf erst zur Hälfte erledigt ist. Jassen mit ihren Kumpanen in der Stammbeiz und haben ein Bier oder ein Glas Wein zuviel getrunken, so dass ihre Angetrauten hässig werden, hätten sie doch gerne mit ihrem Mann einen TV-Film geteilt. Ach was, sagt der Angesäuselte, Problemfilme interessieren mich keinen Deut, wenn schon, möchte ich ein Fussballspiel verfolgen.
Das ist vielleicht eine Karikatur eines pensionierten Mannes. Pensionierte Frauen sind oft anders. Gehen vielfältigen Beschäftigungen nach, besuchen Kurse, begeben sich auf Kulturreisen. Bedauern, nicht mehr gebraucht zu werden. Man rät ihnen zu ehrenamtlichen Tätigkeiten. Da sie jedoch weniger verdient haben als die meisten Männer, wären sie froh, einen Zustupf zu ihrer AHV und Pension zu erhalten. Abgesehen davon, dass Gratisarbeit weniger geschätzt wird als entschädigte Betätigung. Als schwach entschädigte Betätigungen bleiben ihnen Pflege, Kinderbetreuung, Reinigungsjobs, Fahrdienste (sofern sie ein Auto besitzen und überhaupt noch fahren dürfen), Hundespazierdienste (falls sie noch fit sind). Warum auch setzt man diese lebenserfahrenen Frauen nicht in Verwaltungsräten – die viel zu oft von ohnehin mit multiplen Tätigkeiten gestressten Managermännern besetzt sind – und obersten Gremien ein? Sind sie doch unverbraucht von gängigen Klischees der obligaten Wertvermehrung? Haben sie doch Erfahrungen gesammelt, die Topshots der Wirtschaft fremd geblieben sind?
Auch im 21. Jahrhundert bleiben die Frauen Mägde der Männer, Zulieferinnen … . Sie erziehen zwar ihre Söhne zu Topwirtschaftsführern, können sich in ihrem Licht sonnen, haben schlussendlich aber keinen Zugang zur aktiven Mitarbeit.