8. April 2023 Doris Schöni 0Comment

Die Stimmen der Knaben im Thomanerchor, Leipzig, sind überragend. Während dreier Stunden stehen sie auf, sitzen ab und singen, wie eben die Matthäus-Passion.

Die jüngsten Sänger des Thomanerchors sind etwa 8-jährig und wechseln nach dem Stimmbruch in eine andere Kategorie des Chors oder scheiden aus. Die Knaben stecken einheitlich in einer Art Matrosenanzug, einige sind bildhübsch, ob ihre Haare gelockt oder fransig sind, alle erfreuen sich einer dichten und glänzenden Haarpracht. 

Nicht nur ihre Stimmen sind beeindruckend, beeindruckend ist auch ihre Disziplin, während der ganzen fast dreistündigen Passion bleiben sie ernst, albern nicht herum, stossen sich nicht, schwatzen nicht. Einige wenige bewegten die Zuhörer mit Soli, nicht einer hat dabei gepatzt.

Möglicherweise gibt es Berichte über ihre psychische Verfassung, was geschieht mit ihrem Geist und ihren Gefühlen bei soviel Musik? Wie gehen sie mit den Proben um? Haben sie überhaupt noch Freizeit, um Sport zu treiben oder um ein Instrument zu lernen? 

Formt die Musik die Charaktere der jungen Sänger? Werden sie als Erwachsene ebenso kriminell wie nicht musikalisch geschulte Männer? Wie steht es mit den Triebtätern unter ihnen? Sie singen meist vom Blatt, viele jedoch brauchen keine Noten, sie singen auswendig. Das könnte das Gedächtnis stärken. Für Schule, Universität oder Lehre wäre ein geschultes Gedächtnis vorteilhaft. 

Beeinflusst die Musik die Geisteshaltung dieser Jugendlichen? Sind sie – etwas älter – imstande, Tiere zu quälen oder Mitschüler zu mobben? Anders als die dumpfen Bässe in der heutigen Unterhaltungsindustrie, die Aggressionen hervorrufen, ist die Barockmusik, die der Thomanerchor meistens darbietet, harmonisch und eine Streicheleinheit für das Gemüt. Ob es wohl zu Eifersüchteleien zwischen Solisänger und Nichtsolisänger kommt? Ein Geistlicher dirigiert Orchester und Chor. Seine Bewegungen sind weich, einladend, keinesweg zackig oder diktatorisch. Die Jugendlichen folgen seinen Anweisungen und vertrauen ihnen. 

Eine Lebensschule?

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