29. März 2021 Doris Schöni 0Comment

Rassismus – ein unerschöpfliches Thema. Dass Rassismus nicht mit der Hautfarbe in Verbindung steht, beweist Prof.em. für alte  Geschichte Egon Flaig mit einem fundierten Artikel in der NZZ vom 27. März 2021.

Ob des Menschen Hautfarbe weiss (rosa), beige, braun, schwarz, gelblich oder rot ist bestimmt das Klima. Einmal mehr zählen bei der Färbung nicht hunderte, sondern Millionen von Jahren. In der  griechischen Antike findet sich die Lehre, wonach zwischen bestimmten menschlichen Ethien in wesentlichen Hinsichten intellektuell und moralisch eine tiefe Ungleichheit von Natur besteht, schreibt Egon Flaig. Und: Die Lehre vom Sklaven von Natur blieb in der Antike marginalisiert; das römische Recht formulierte explizit den Grundsatz, alle Menschen seien von Natur aus gleich. Der Rassismus des Sklaven von Natur existierte auch anderswo, hatte allerdings keinen Bezug zur Hautfarbe.

Wie kam die Hautfarbe in Spiel? fragt der Geschichtsprofessor. Hellenistische Geografen meinten, die natürlichen Unterschiede seien auf die Klimazone der Erdkugel zurückzuführen. Demgemäss ist die rote Hautfarbe die Norm, weil sie sich in  einem mittleren Klima ergebe, hingegen seien Kelten und Germanen in der nördlichen Kälte weiss geworden und ein zu warmes Klima habe die Ägypter und Mauretanier braun gemacht, die Nubier, Äthiopier und Inder sogar schwarz. Diese Farbskala zeigte jedoch, so Egon Flaig, keine Ungleichheit von Natur an. Der gesamten klassischen Antike war die Vorstellung fremd, dass dunkelhäutige minderwertig seien. Die bildende Kunst stellte bis in die späte Zeit die Dunkelhäutigen als ebenbürtige Menschen dar. Im Vorderen Orient hingegen bestand schon früh eine ästhetische und erotische Präferenz für die helleren Hautfarben, allerdings sind solche Präferenzen nicht rassistisch, weil sie nicht auf eine naturgegebene intellektuelle und moralische Minderwertigkeit  hinweisen.

Bernard Lewis (1916-2018), ein britisch-amerikanischer Publizist und Historiker mit dem Schwerpunkt Orientalistik und Islamgeschichte, wies 1971 nach, der hautfarbene Rassismus sei eine arabische Innovation. Im Gefolge der arabische Eroberungen übernahmen islamische Denker hellentistische Klimatheorien, Sie gebrauchten die Farbe Schwarz, Rot/Hellbraun und Weiss um ganze Ethnien in eine rassenmässige Hierarchie zu bringen; damit schufen sie eine neue „wissenschaftliche Rassenlehre“. Im 10. Jahrhundert n. Chr. erschienen Abhandlungen aus dem Irak und Persien, die aussagen, die schwarzen Einwohner des Südens seien „Leute, die dem Massstab des Menschseins nicht genügen“ oder „Menschen von schwarzer Farbe, mit flachen Nasen … und geringem Verstand oder geringer Intelligenz“.

Die islamische Orthodoxie, nicht anders als die jüdische und christliche war antirassistisch und hatte die natürliche Gleichheit der Menschen zum Grundsatz; ebenso wie das Römische Recht. Sklaverei ist eine Strafe für die Ungläubigen, so lautet die offizielle Lehre der islamischen Kleriker, sie ist nicht Folge von rassischer Minderwertigkeit. Andere islamische Philosophen und Gelehrte widersprachen: „… in der Regel die schwarzen Völker der Sklaverei unterwürfig, denn sie haben wenig Menschlichhes und haben Eigenschaften, die ganz ähnlich denen von stummen Tieren sind“. Auch jüdische Gelehrte im islamischen Raum übernahmen diesen Rassismus.

In der islamischen Welt entstanden Handbücher für den Sklavenkauf, welche rassische Eigenschaften spezifizierten; diese Bücher verschafften der medizinischen und philosophischen Rassenlehre Eingang in den Alltag. Die Herkunft des Wortes „Rasse“ kommt aus dem Aarabischen: „Razza“, „Raza“ und „race“ sind abgeleitet von „ras“, was „Kopf“ bedeutet. Erst fünf Jahrhunderte später gelangte dieser klimatheoretisch begründete „szientistische“ Hautfarbenrassismus zu den Europäern.

(Auszüge aus: Egon Flaig, Eines Menschen Hautfarbe, in: NZZ, 27. März 2021)

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