Die Schweizer sind keine Lóbhudler. Sie sind oft zu verklemmt, um eine andere Person mit Lob zu überschütten. Die Lobknappheit beginnt schon in der Kindheit. Während die italienische Mamma ihrem Nachwuchs zujubelt „bravo Gianni. Molto bene, bravo, bravo… „, obwohl Giannis Sandburg in sich zusammen gefallen ist, mäkelt die Schweizer Mutter am eben gemalten Bild ihrer Tochter herum, so dass das Mädchen die Stifte in den Sand pfeffert; dann schwemmen seine Tränen Salz ins Mittelmeerwasser.
In der Schule geht die Lobkargheit weiter. Als die Lehrer uns noch duzten, wurde den Schülern gebetsmühlemässig eingetrichtert: „Es ist recht. Aber du könntest es besser“ und einige Jahre später: „Jaja, es geht. Aber sie könnten es besser“. Im Sport meinte der Trainer: „Ce n’est pas mal. Mais tu devrais faire mieux“.
Wie ein roter Faden zieht sich diese Art von Sätzen durch die Lebensjahre. Immer sollte, müsste man es besser machen. Sei es in der Familie, im Arbeitsleben, im Sport, im Verein, in der Politik, im Militär, bei den Pfadfindern, bei den Taubenzüchtern, im Fremdsprachenunterricht, im Welpenkurs, beim Heimwerken und Gärtnern, beim Autofahren (ein besonders sensibler Punkt), beim Biertrinken und Weinkosten, beim Grillieren (die Männer werden als Grill-Kapazitäten geboren), Backen und Eierkochen, aber auch beim Lismen, bei der Kindererziehung, ebenso beim E-Biken und bei der Freiwilligenarbeit.
Mit der Zeit ist man ausgehungert nach Lob, man lechzt danach, wie ein hechelnder Hund rennt man ihm nach, und zwar so lange, bis man das Eigenlob entdeckt. Das ist die Befreiung aus dem Lobgetto. Eifrig lobt man sich, bevor man etwas realisiert hat. Man antizipiert die Leistung durch das Lob, das man sich selber verabreicht. Ist das die Essenz der Motivation?
Und dann trifft man wieder auf einen muffligen Mann, einen, dem das Lob im Zwerchfell stecken geblieben und dessen Sprache von Loblücken zerfressen ist. Man erinnert sich der italienischen Mamma mit ihren Bravorufen trotz dem zusammengebrochenen Château en Espagne und der überkritischen Mutter des Mädchens.
Nein, Lobhudler sind die Schweizer nicht. „Bravo, Gianni, bravo …“.