1. Februar 2024 Doris Schöni 0Comment

Die Stiftung „Terra Vecchia“ ist eine Institution, die sich besonders um Jugendliche, die sich von der heutigen Welt überfordert, bedroht fühlen, kümmert. Sie bietet Arbeitsplätze in verschiedenen  Gebieten an. In einer Produktionsstätte sind alle möglichen Berufe vereint. Die Sozialtherapie Melchenbühl ist eine von vier Sozialtherapiebetrieben der Stiftung Terra Vecchia. In Gümligen, liegt das Patrizierhaus der stationären Sozialtherapie Melchenbühl.

Was im Melchenbühl auffällt, ist der höfliche, rücksichtsvolle und hilfsbereite Umgang der Mitarbeitenden untereinander. Welches ihre Funktion auch ist, und es geht mitunter auch lustig zu und her, der Ton unter den Mitarbeitenden ist immer respektvoll . Es wird nicht unbedarft geduzt.

Ein junger Mann, er kocht im Melchenbühl für die dort wohnenden Menschen, besucht mich jeden Mittwochnachmittag. Er möchte mit mir verschiedene Probleme besprechen, spricht über Vergangenheit und Zukunft. Er benötigt keine Ratschläge, er will sich austauschen. Dadurch hebt er den Altersunterschied zwischen uns auf. Er hat noch nie ein Wort über unseren Altersunterschied verloren, es ist als ob er nicht existierte. Er ist immer sehr interessiert am Thema, das man mir vorgibt, das ich in einen Artikel verpacke. Und erstaunt darüber, dass ich über jedes Thema (ausser natürlich technischen) schreiben kann. Den jungen Leuten im Hauptbüro fällt oftmals kein Thema für einen Artikel ein. Sie verweisen mich zum Beispiel auf einen Zeitungsbericht, den ich kommentieren könnte. Das Schreiben dauert jedoch weniger lang als vier Stunden, auch wenn es noch der Internetrecherchen bedarf. So muss ich einige Zeit vertrödeln, ist doch der Artikel schnell geschrieben. Ich geniesse eine gewisse Narrenfreiheit, vor allem aber herrscht eine grosse Bewunderung für meine Schreib“kunst“. Diese Artikel werden auf die offizielle Terra Vecchia-Publikation übertragen, die ich übrigens noch nie zu Gesicht bekam.

Nachdem es dunkel geworden ist, lese ich meinen Text noch einmal durch, korrigiere Tippfehler und mangelhafte Sprache, speichere ihn und lasse ihn im Büro ausdrucken.  Er findet den Weg in den richtigen Ordner, und ich kann gehen. Eigentlich würde ich zwei Themen für den Nachmittag benötigen, mit einem bin ich  nicht ausgelastet. In Zukunft werde ich die Themen selber ausdenken und aussuchen.

Habe ich meine gemeinnützige Arbeit beendet, werde ich versuchen, weiterhin für Terra Vecchia zu arbeiten. Diese Arbeit ermöglicht es mir, Kontakt zu jungen Menschen  zu pflegen, im Bild über ihre Freuden und Ängste zu sein, und nicht im Alter zu versinken. Wobei die meisten Freunde des Hauses, die regelmässig auftauchen, in der Regel jünger als ich sind.

Ich scheine ohnehin anders zu sein als die meisten Menschen meines Alters. Für meine Spitex-Lieblingspflegerin bin ich ein Altersvorbild, so möchte sie werden. Allerdings spiele ich ihr immer etwas vor, das ich nicht bin. Sie sorgt sich um mich, findet, dass ich mich zu wenig um mich kümmere.  Sie würde  gut ins Team von Terra Vecchia in Gümligen passen. Von März an wird sie ihre Ausbildung beenden und dann belegt sie eine Stelle im Lindenhof.

Sonderbar: Auch Menschen ausserhalb von Terra Vecchia  beurteilen mich falsch. Sie versehen mich mit schmeichelhaften Attributen, denen ich nicht gerecht werde.

 

 

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