Paul Averhoff war einst ein grosser Marathonläufer. Eine Legende, ein Sieger, ein Vorbild. Der Gewinner der Goldmedaille in Melbourne 1956. Lang ist es her. Jetzt ist Paul bald 80 und seine Frau Margot gebrechlich. Da Margot immer wieder und aus heiterem Himmel stürzt, besteht Tochter Birgit darauf, dass Papa und Mama ihr vertrautes Zuhause verlassen und ins Altersheim ziehen. Für die Beiden der Horror. Gesangsstunde, Mittagessen. Bastelstunde, Abendessen. Sonntagsandacht, Halleluja. Das kann es nicht gewesen sein, denkt sich Paul und schnürt die Laufschuhe. Sein letztes Rennen hat begonnen (Bernhard Koellisch, 2014).
„Wer stehen bleibt, hat schon verloren“ ist des Protagonisten Leitmotiv. Um der Langeweile und dem täglichen, monotonen Ablauf im Altersheim zu entkommen mit Mitbewohnern, die eben stehen geblieben sind, beginnt er auf den Berliner Marathon zu trainieren. Die Leiterin des Heims versucht, ihm mit der Hilfe eines Psychologen dieses Vorhaben zu verbieten. Doch längst finden einige Bewohner des Heims in Paul Averhoff ein Idol, einen Rebellen, dem sie nacheifern. Sie beginnen, die Routine des Heims zu stören, werden querulantisch wie ihr Vorbild. Nach dem Eklat mit dem Psychologen türmen die Averhoffs aus dem Heim und quartieren sich bei ihrer Tochter ein.
Als seine Frau stirbt, wird Paul wieder ins Heim gebracht. In seiner Verzweiflung schlägt er alles kurz und klein, wird von den Pflegern auf das Geheiss der Leiterin sediert und ans Bett gefesselt – in der Nacht vor dem Berliner Marathon. Ein Pfleger weckt ihn auf und kann ihn zu einem leichten Training motivieren. Derweil wird die Leiterin des Heims in ihrem Büro eingesperrt, damit Averhoff zum Marathon fahren kann. Die Morgenandacht im Heim hält ein Bewohner (da die Leiterin ihr Büro nicht verlassen kann) und ruft die Mitbewohner auf, sich ins Stadion, in dem die Läufer das Rennen beenden, zu begeben.
Paul kämpft sich durch die 42 Kilometer. Er wird von einem Fernsehreporter entdeckt und als Olympiasieger von 1956 bekannt gegeben. Das Publikum ist begeistert, und fortan zählt nicht der Sieger, sondern nur noch Averhoff. Als Letzter des Rennens warten die Zuschauer gespannt auf Paul. Er kommt nicht. Im Kanal vor dem Erscheinen im Station quält ihn ein Wadenkrampf. Gebeugt, hinkend und schleppend bringt er sich über die letzten Meter ins Ziel. Dort fällt er auf die Knie, wird aber derart beklatscht und bejubelt, dass er aufsteht und mit einer goldenen Wärmedecke den Applaus selig entgegennimmt. Hier sollte der Film enden, der weitere Verlauf ist eigentlich nur Beigemüse.
Nicht jeder Bewohner eines Alterheims ist ein ehemaliger Marathonstar. Nicht jeder besitzt die Konstitution, die Gesundheit und den Willen eines bald 80-Jährigen, der nicht klein beigeben will. Nicht jeder hat das Temperament eines Querulanten, der nicht still stehen will. Und nicht jeder hat den Mut, sich gegen die Routine – Jassen, Basteln, Singen, Andacht – der herkömmlichen Altersheime zu wehren. Still stehen bedeutet langsamer Rückgang … .