18. Juni 2021 Doris Schöni 0Comment

Werden die Zuschauer vom Sender 3+ veräppelt? Die Fortsetzung „Adieu Heimat – Schweizer wandern aus“ zeigt die Schicksale von auswandernden Schweizern, denen Unbillen geschehen, weil sie einfach zu naiv und unvorbereitet in ein ihnen unbekanntes Land übersiedeln. Problem Nummer 1: die Sprache. Wie kann man sich für ein Land entscheiden, dessen Sprache man nicht einmal rudimentär versteht? Ist es nicht typisch schweizerisch, wenn die Mutter des fröhlichen Bäckers aus der Ostschweiz, der in einem Kaff in Kenia eine Musterbäckerei mit Wohnung aufzubauen gedenkt, obwohl ihm der Boden gar nicht gehört, also  die Mutter einfach in ihrem Dialekt auf kenianische Verkäufer einredet? Mutet es nicht sonderbar an, wenn der Bäcker und seine Mutter ihre einheimischen Schwiegereltern bzw. Gegenschwiegereltern mit „Vatter“ und „Muetter“ ansprechen, obwohl sie kein einziges Wort zusammen wechseln können? Muss man sehr jung sein um sich vorzustellen, als Schweizer Coiffeuse in Kalifornien eine Hair Stylistin für prominente Personen zu werden? Haben sich Schweizer Auswanderer nach Mallorca, die eine Tanzdiele eröffnen möchten, nicht darauf vorbereitet, dass in Spanien die Uhren anders gehen als in der Schweiz? Warum ist es der grösste Traum von Schweizer Sängern, am Ballermann aufzutreten? Sich vor der Menge angetrunkener Blödiane zu produzieren?  Warum brauchen Schweizer, die in den USA ein Restaurant mit schweizerischem Flair eröffnen möchten, hässliche Worte wie „den Arsch aufreissen“ bei der ersten Panne? Es gab auch den sympathischen Schweizer, der ohne ein Wort spanisch zu sprechen in einem Hotel arbeiten wollte, dessen Lebensgefährte ungarischer Herkunft an fast allem etwas zu mäkeln hatte. Und die innig verbundene Familie aus dem Thurgau, die in Fuerteventura aus einem hässlichen Haus eine noch hässlichere Ferienpension bastelte und deren Vater ganz ganz hässliche Holz“kunstwerke“ schuf? Nur das lesbische Paar nahm die ortsüblichen Katastrophen mit Humor, arrangierte sich mit den Gegebenheiten und suchte mit Fantasie das Fehlen ihrer einfach nicht eintreffenden „Möbeli“ zu überbrücken.

Ein grosses Fragezeichen steht hinter der kargen Auswahl an Tätigkeiten bzw. Berufen: Die meisten der Schweizer Auswanderer haben das Ziel, eine Kaffeebar, ein Speiserestaurant oder eine Tanzdiele zu führen, auch wenn die wenigsten eine solche Tätigkeit je ausgeübt haben. Was ist  daran so attraktiv? Und die Sänger? Talent haben sie nicht und brauchen sie nicht beim Ballermann. Dennoch ist es das höchste der Gefühle, dort aufzutreten. Selbstkritik fehlt allen. Warum kann eine schweizerische zwanzigjährige Coiffeuse nicht einfach als Coiffeuse anstatt gleich Hair Stylistin von Prominenten arbeiten? Warum muss ein Schweizer Bäcker eine Bäckerei und ein  Wohnhaus in einer unschweizerischen Grösse auf Boden, der ihm noch gar nicht gehört, bauen lassen? Wie kommt ein Schweizer Ehepaar dazu, ohne jede Erfahrung ein Swiss Gourmet Restaurant – mit Fundues – zu führen?

Fazit: Zum Autofahren benötigt man ein Examen – zum Auswandern nicht.

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