Seit einiger Zeit fällt mir auf, dass die Frauen ihre Männer dominieren. Vielleicht war das schon immer so, aber weniger offensichtlich.
Zweifellos bin ich eine – nunmehr gemässigte – Feministin der zweiten oder dritten Generation. Und ich habe aktiv für die Ebenbürtigkeit von Mann und Frau gekämpft, zum Beispiel bei einer Frauenbewegung, mich in die Nesseln gesetzt, mich verspotten und verhöhnen lassen, berufliche Diskriminierungen und sexuelle Übergriffe über mich ergehen lassen. Und in dieser Beziehung denke ich oft an ein Sprichwort meiner Tante: „Die erste Frau kauft das Sofa, die zweite setzt sich darauf“, wenn ich feststelle, dass die heutige Generation von Frauen sich völlig selbstverständlich der Ebenbürtigkeit mit ihren Männern erfreut, für die sie keinen Finger gerührt hat. Und sie denkt nicht einmal daran, dass andere Frauen sich für all ihre Rechte eingesetzt haben.
Ein Wort zu den Männern: die älteren und alten beharren darauf, den Chef von Familie und Ehegattin zu sein. Sie finden die Ebenbürtigkeit falsch, die unfaire Bezahlung richtig, da Frauen ja keinen Militärdienst leisten müssen, die Hausarbeit Frauenarbeit, sich aber als „Sibesiech“ für Bohren und Schräubeln, aber auch für Autos plus all die alten Klischees, zur Genüge bekannt. Die halbjungen Männer sind verurnsichert. Sie akzeptieren die Ebenbürtigkeit, solange sie dadurch keine Einbussen erleiden. Ja zu Frauen auf die Teppichetage, aber sie stehe mir bitte nicht im Weg. Die jungen Männer, sofern sie nicht aus autoritären Kulturen stammen, sind mit der Ebenbürtigkeit aufgewachsen und haben sie verinnerlicht.
Frauen, die zu Hause die Fuchtel schwingen, können jeden Alters sein. Bei alten Frauen ist zu beobachten, dass sie, vielfach gesundheitlich bessesr unterwegs, sich an ihren greisen Gatten rächen, rächen für Ungerechtigkeiten, Verletzungen, Übergriffe, Demütigungen u.ä.; sie behandeln ihre Ehemänner gleich Kindern, helfen ihnen in die Mäntel, rücken ihnen das Halstuch zurecht, reichen ihnen Handschuhe, Schirm oder Gehstock und mahnen: „chumm itzt, Papi“.
Die jüngeren Frauen sind raffinierter. Gezielt suchen sie mit Charme und Lieblichkeit ihre Gefährten von ihren Ansichten zu überzeugen, lange und intensiv, bis er zu erschöpft ist, sich dagegen zu wehren und keine Kraft mehr für einen allfälligen Streit aufbringen kann, also resigniert. Anderen Frauen gelingt es, völlig unbemerkt von ihren Begleitern, mit eisener Hand in einem Samthandschuh zu regieren und zu dekretieren. Sie erwecken den Anschein von gegenseitigem Einvernehmen, übertölplen jedoch ihre Männer mit nicht widerlegbaren Argumenten, die Männer, meist älter, vermeiden – koste es, was es wolle – alles, damit der Haussegen nicht schief hängt. Ihre Abhängigkeit ist grösser als jene der Frauen.
Die jungen Paare bereden jedes Detail. Sie zerreden jedes Problem. Sie sind Kumpel, aber dennoch versuchen Frauen, oben zu liegen. Sie dominieren durch ihr grösseres Wissen, ihr fetteres Gehalt, ihre bessere Stellung in der Familie, ihre Gebärfähigkeit und vielleicht auch durch ihre grössere Kraft und ihr Durchhaltevermögen. Es gibt jüngere Männer, die von ihren Müttern derart verwöhnt und behütet wurden, dass sie sich schnell überfordert fühlen, sie sind vom Alltag erschöpft und haben nie gelernt, zu kämpfen.
Fazit: jede Dominierung ist übel. Die dominierenden Frauen allerdings als Xanthippe zu bezeichnen, wäre ungerecht. Xanthippe (ca. 5. Jh. bis ca. 4. Jh. v. Chr) war die Gattin von Sokrates und „war ein böses Weib, Der Zank war ihr ein Zeitvertreib“ (Eduard Zeller, 1865).