„Nach einem langen, erfüllten Leben …“. Tim erbettelte sich das Katerchenn, zusammen mit dessen Muttter, als er sieben Jahre alt war. An seinem heutigen, 27. Geburtstag, starb der Kater mit 20 Jahren. Tim und sein Vater hoben das Grab aus, wir alle schwiegen bei der Grablegung, eine wandte sich weinend ab. Ich.
Er änderte seine Liegeplätze oft. Eine seiner Lieblingsstätte war eine Kartonschachtel, viel zu klein für ihn, doch es gelang ihm, sich hinein zu winden. Sie war mit allerlei Papier gepolstert. in dieser Kartonschachtel schlief und wachte er.
Vor etwa 10 Jahren mietete ich, eine Hundefrau, ein Haus und „erbte“ vier Katzen. Ich hatte bisher keine Beziehung zu diesen Haustieren. Die beiden wilden, getigerten Katzen kamen oft tagelang nicht nach Hause, eine lag plötzlich tot auf der Kellertreppe, der andere Tiger war zärtlich, brachte Mäuse und Vögel als Geschenk, doch dann dislozierte er und kam nicht wieder.
Er gelangte durch einen Kabelsalat auf den Router und mit einem Sprung auf die Lehne des Kanapees, stolzierte an meine Seite und eines seiner Pfötchen legte er auf meiner Hand.
Es blieben noch zwei schwarze Katzen, Mutter und Sohn, im Haus. Sie waren meist mit sich selbst beschäftigt, schliefen eng aneinader geschmiegt und waren unglaublich hungrig. Die Mutter liess sich oft von mir streicheln, setzte sich auf meinen Schoss, und verlangte handgreiflich von den Würstchen, die ich manchmal nach Mitternacht vertilgte. Der Sohn gesellte sich jeweils dazu, wartete aber geduldig, bis er ein Rädchen erhielt.
Meiner Hündin hat der Kater einen tüchtigen Schock verabreicht, als ich früher zu Besuch in dem Haus war. Er verfolgte meine Hündin, die vor Schreck kreischend davon rannte. Als der Kater später ihr Mitbewohner wurde, gab sie ihm zu verstehen, wer die Nummer 1 im Haus war.
Die Hündin verhielt sich heute Abend sonderbar. Sie schnüffelte überall, wo der Kater geruht hatte. Sie hielt nach ihm Ausschau, spähte in die Richtung, von der er jeweils abends auftauchte und sie ihn zu verscheuchen suchte. Der Kater kam nicht. Die Hündin setzte sich und sah mich fragend an. Ich sagte ihr, der Kater komme nie wieder. Die Hündin trottete in die Küche, in der sie nachts schläft.
Hündin und Kater bestahlen sich gegenseitig. Bei der Fütterung abends bekam der Kater sein Töpfchen vor der Hündin. Sie schlich sich jeweils zum fressenden Kater, blickte ihn streng an und versuchte, ihn sanft wegzustossen. Wenn er nicht reagierte, wurde sie unsanft und der Kater ging von dannen. Umgekehrt machte sich der Kater am Topf der Hündin gütlich, die ihn oft ungeleert stehen liess. Aber wehe, sie überraschte den Kater beim Fressen ihrer Mahlzeit. Sie bellte empört und verscheuchte den Kater aus der Küche.
Mutter und Sohn wurden sehr alt. Beide waren brandmager, obwohl sie dauernd Hunger hatten und frassen, als würde es verboten. Ihr Fell verfilzte und die Haare fielen ihnen büschelweise aus. Man versuchte, sie zu kämmen, doch der Filz befand sich so nahe an der Haut, dass man ihn nicht wegschneiden konnte. Die zierliche Mutter verschwand eines Tages, sie war zum Sterben gegangen. Ihr Sohn war nun verwaist. Zuerst liess er sich nichts anmerken. Zögerlich näherte er sich. Er suchte meine Nähe, jedenfalls die Nähe eines Wesens. Ich streichelte und kraulte ihn, hie und da reagierte er darauf mit einem Biss in meine Hand. Er frass immer mehr. Während einigen Tagen jedoch schien er krank, ass kaum etwas und schlief den ganzen Tag. Er genas, war wieder wach und hungrig, ging in den Garten und lag an der Sonne. Allerdings war er nicht mehr sicher auf den Beinen und schwankte etwas. Ich war froh, jeden Mittag Hund und Kater vorzufinden. Bevor ich einen Schluck Kaffee getrunken hatte, füllte ich das Katzengeschirr.
Die Kätzin liebte es, auf meinem Router, der immer warm war, zu schlafen. Um auf den Router zu gelangen riss sie jeweils etliche Internet- und TV-Kabel heraus. Ich nahm es ihr nicht übel. Der Kater hatte die Gewohnheit, seine Krallen an Polsterstühlen zu erproben. Auch er bekam mildernde Umstände.
Eines Mittags erwartete mich nur meine Hündin. Manchmal verspätete sich der Kater, forderte mich dann später auf, ihn zu füttern. Doch er erschien nicht. Ich suchte ihn überall vergeblich. So bat ich Tims Vater, nachzusehen, ob sich der Kater vielleicht in der Waschküche, in der die Katzen auf Schlafplätzen manchmal übernachteten, befinde. Er kam zurück und sagte, der Kater sei tot.
Immer wieder sehe ich seine grüne Augen, die mich von unten fixieren. Ich bilde mir ein, seine Pfote auf meinem Kopf zu spüren, wenn es ihn gelüstet, nach Draussen zu gehen. Mutter und Sohn haben ein sehr langes, angenehmes Leben geführt. Als ob das ein Trost wäre. Ich versteckte meine Tränen, so wie Mutter und Sohn sich versteckt haben, um zu sterben. h
Sehr fein geschrieben!