Eine TV-Dokumentation über die Konflikte im Balkan vermittelte wertvolles Wissen über die Ursachen zu den Abscheulichkeiten, die vor lediglich 30 Jahren im früheren Jugoslawien geschahen. Es ging dabei – wie in den meisten Kriegen – um Macht.
Die Bilder der kämpfenden Serben, Kroaten, Bosniern und Kosovo-Albanern waren verstörend. Dass sogenannte ethnische Säuberungen derartigen Hass und Mordlust auslösen, und zwar von Ethnien, die Hunderte von Jahren miteinner gelebt hatten, ist nicht nachvollziebar. Menschen, friedliche Nachbaren, wurden über Nacht zu Todfeinden. Es wurde gemordet, muslimische Frauen wurden zu Tausenden vergewaltigt in der völlig unwissenschaftlichen Annahme, deren Kinder würden zu Christen, gebradschatzt, geraubt und gefoltert. Im 20. Jahrhundert … .
Auch die NATO beging Kriegsverbrechen: 1999 begannen NATO-Streitkräfte, das Gebiet mit Luftanschlägen zu bombardieren. Man kann tatsächlich von einem Krieg der NATO sprechen, denn es handelte sich nicht nur um eine Operation. Ausserdem erfolgte der Einsatz ohne UNO-Mandat. Ein solches ist laut Vereinbarungen nur gerechtfertigt, wenn ein Mitgliedsland angegriffen und so der Bündnisfall der NATO ausgelöst wird. Zwischen 12.000 und 15.000 Menschen kamen beim1999 andauernden NATO-Kampfeinsatz ums Leben. Ungefähr 500 Zivilisten wurden Opfer der Luftschläge – versehentlich, denn eigentlich sollten nur militärische Ziele getroffen werden. Völkerrechtlich ist die NATO-Intervention bis heute umstritten.
Durch einen Beschluss des UNO-Sicherheitsrats wurde 1993 der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien geschaffen. Das Kriegsverbrechertribunal ist für Verbrechen zuständig, die dort nach dem 1. Januar 1991 verübt wurden.
Die Liste der Anklagepunkte ist lang. Sie reicht von Folter, Vergewaltigungen, Aufschlitzen von Schwangeren und Sprengattacken auf Beerdigungen bis hin zu grausamen Hinrichtungen und Massakern, die im Zuge der „ethnischen Säuberungen” begangen wurden.
Im Zusammenhang mit dem Kosovokrieg wurde der serbische Präsident Slobodan Milosevic 1999 als erstes Staatsoberhaupt noch während seiner Amtsausübung vor dem Kriegsverbrechertribunal angeklagt. Das vielleicht wichtigste Verfahren vor dem Gerichtshof konnte jedoch nie zu Ende geführt werden: Milosevic starb 2006 in seiner Zelle. Die Anklage warf ihm vor, während der Kriege in Kroatien, Bosnien und im Kosovo Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben.
Radovan Karadzic, politisches Oberhaupt der bosnischen Serben, wurde im März 2016 in erster Instanz zu 40 Jahren Haft verurteilt. Das Tribunal befand ihn unter anderem des Völkermords im Zusammenhang mit dem Massaker von Srebrenica für schuldig; Karadzic ist in Berufung gegangen.
Ratko Mladic, der frühere Militärchef der bosnischen Serben, wurde ebenfalls wegen Völkermords, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt – unter anderem im Zusammenhang mit dem Massaker von Srebrenica und der Belagerung von Sarajevo. Der Prozess startete bereits im Juni 2011. Zu einem Urteil kam es im Jahr 2017, wegen seiner Verantwortung für das Massaker von Srebrenica sowie weiterer Kriegsverbrechen im Bosnien-Krieg wurde er zu lebenslanger Haft verurteilt. Mladic hatte jedoch dagegen Berufung eingelegt. Im Juni 2021 bestätigte das UN-Tribunal die Verurteilung zu lebenslanger Haft.
Trotz des Kriegsverbrechertribunals lassen sich grössenwahnsinnige Diktatoren nicht davon abbringen, Kriege – aus welchen Gründen auch immer – anzuzetteln. Gewalt erzeugt Gegengewalt. Kriegerische Handlungen – mitunter mit Alkohol- und Drogeneinfluss – verwandeln die Menschen, indem sie ihre übelsten Seiten auslösen.
Die Ausstellung „Juden, Christen und Muslime – Im Dialog mit der Wissenschaft 500-1500“ im Jahr 2017 in Berlin befasste sich mit der Zusammenarbeit jüdischer, christlicher und muslimischer Gelehrter im genannten Zeitraum, also um Wissenstransfer. Es war ja nicht nur ein Transfer zwischen Orient und Okzident, sondern auch ein Transfer über Religionsgrenzen hinweg. Es wurden Wissenszentren etabliert, .zuerst in Alexandria, dann in Gundischapur. Später dann vor allem dieses berühmte „Haus der Weisheit“ in Bagdad, wo man offenbar unabhängig von ethnischen und religiösen Zugehörigkeiten Personen, die sich eine hohe Sprachkompetenz oder wissenschaftliche Kompetenz erworben hatten, gesammelt hat. Ob die Gläubigen unterschiedlicher Couleurs damals toleranter waren als heute? Patriotismus wird heute allgemein von Nationalismus und Chauvinismus unterschieden, insofern Patrioten sich mit dem eigenen Land und Volk identifizieren, ohne dieses über andere zu stellen und andere Völker implizit abzuwerten. Als Patriotismus wird eine emotionale Verbundenheit mit der eigenen Nation bezeichnet. Warum ist es heute verpönt, sich als Kosmopolit zu bezeichnen? Kosmopolitismus, auch Kosmopolitanismus bzw. Weltbürgertum, ist eine philosophisch-politische Weltanschauung, die den ganzen Erdkreis als Heimat betrachtet. Das Konzept geht auf die Antike zurück. Es steht im Gegensatz zum Nationalismus und Provinzialismus. Der Nationalismus ist eine Entwicklung der europäischen Neuzeit. Die Idee des Nationalstaates rückte ab dem 18. Jahrhundert vollends in das Zentrum der Politik. In diesem Kontext fanden Ideen breiten Zulauf, die die Vorstellung von einer Nation als Gemeinschaft im Sinne eines idealisierten selbstbildes betonten und sich vermischten, wie Demokratie, Patriotismus, Nationalismus, Sozialismus, Liberalismus. Für die schlechteren Lebensverhältnisse wurden im Sinne eines Feindbildes häufig ethnische oder kulturelle Minderheiten kollektiv verantwortlich gemacht (Wikipedia).