10. April 2017 Doris Schöni 1Comment

Kennen Sie das? Das Gefühl eines Vogels, dessen Flügel gestutzt wurden? Oder das eines Krokodils, dessen Zähne verloren gingen? Eines Hundes an der Leine, der vorwärts stürmt und zurückgehalten wird. Ein schales Gefühl der Unzulänglichkeit. Die Schalheit, sich überflüssig zu fühlen. Der Verstand, der das  Gefühl zur Mediation zwingt und unterliegt. Gefühl, nicht Bauchgefühl, wie Prof. Norbert Herschkowitz, der Hirnforscher, immer wieder ins Auditorium rief; nun sitzt er im Rollstuhl und ruft nicht mehr. Um was es hier eigentlich geht, würden Sie fragen, läsen sie je einmal diesen Blog?

Es geht darum, schreibamputiert zu sein, geworden zu sein, gezwungen worden zu sein. Man möchte schreiben, aber darf nicht mehr. Man dürfte zwar einen Roman, eine Kurzgeschichte, ein Liebesgedicht (aber an wen?), einen Leserbrief, eine Betrachtung über alles mögliche ohne die Chance, veröffentlicht zu werden, schreiben. Ohne veröffentlicht zu werden, wenn man während 14 Jahren wöchentlich drei- bis fünfmal veröffentlicht worden ist. Dann liest man die Artikel dessen, der nun drei- bis fünfmal die Woche veröffentlicht wird. Man schüttelt den Kopf, man seufzt, man lacht und man weint. Das Bauchgefühl, das von Hirn gespiesen wird, drängt zu Gewalt. Die Gewalt wird vom Verstand erdrosselt, nicht einmal Kritik ist erlaubt. „Bist du etwa neidisch?“ wird man vorwurfsvoll gefragt. „Eine andere Zeit ist eben angebrochen – ausgebrochen, sollte es heissen -, du bist eben zu alt. Und elitär, das ist heute nicht mehr gefragt“. Ist man elitär, wenn man schreibt, sollte man doch hin und wieder einen Gnadenbrotartikel ergattern, dass die Harfe eines der ältesten Musikinstrumente ist, das vor 3000 v. Chr. in Mesopotamien und Ägypten gespielt wurde? „Wen interessiert das schon“? 

Jedenfalls sitzt man vor dem Laptop und möchte schreiben, aber spielt dann zum xten Mal Schach gegen Unbekannt und ist unzufrieden mit sich selbst, auch wenn man zehnmal nacheinander gegen Unbekannt gewinnt. Man möchte schreien vor Unlust, geht dann aber mit dem Hund spazieren.

Doch man möchte schreiben. Schreien, lasst mich doch schreiben! Warum lasst ihr mich nicht schreiben?

 

One thought on “Lasst mich doch schreiben!

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