Mit einem alten Freund wird, neben vielem anderem, über die heutige Handymanie gesprochen.
Er hat ein altes Handy, das er nur zum Telefonieren braucht, ich besitze ein Smartphone, das ich zum Telefonieren, für SMS und den Wecker benütze. Beide sind wir alt, alter Schule, von der klassischen Bildung überzeugt, informatisch kommen wir zurecht, ohne davon etwas zu verstehen.
In der Stadt, an der Aare, im Tram, in der Eisenbahn, immer, starren junge wie auch ältere Menschen auf den Schirm ihres Handys. Auf dem Handy lesen die Leute eine Zeitung, mit ihm erledigen sie Bankgeschäfte, bezahlen Rechnungen, vor allem aber chatten sie, schicken Bilder und verabreden sich. Ihre „Gespräche“ finden in Dialekt, versehen mit vielen Emoijs und Bildern, deren Banalität nicht zu übertreffen ist, statt.. Sie schicken ihre Nachrichten an die halbe Welt, da sie ja hunderte von sogenannten Freunden haben.
In Restaurants schaut die ganze Familie gebannt auf ihre Handies, erst wenn das Essen aufgetischt wird legen sie ihre Telefone zur Seite, um nach dem letzten Bissen gleich wieder nach ihnen zu greifen. Auch Paare haben diese Gewohnheit, wobei nicht klar ist, ob sie übers Handy zusammen kommunizieren.
Und die ewigen Selfies sind noch immer hoch im Kurs. Selbst hässliche Menschen fotografieren sich ständig. Als ob eine schöne Landschaft sie attraktiver erscheinen liesse. Wem schicken sie diese Konterfeis? Vielleicht haben sie die digitalen Kenntnisse, ihre Bilder positiv zu verändern? Sind sie zu Legenden zu den Selfies fähig? „Ich vor dem Kolosseum“. „Ich am Strand“. „Ich im Hotelzimmer“. „Ich. Ich. Ich“. Besser: „Ig“. „I“. „Ig“.
Das Handy. Ein Spielzeug. Ein Tor zur Welt, das sich nur digital öffnet. Ein Freund, eine Freundin. Zu all dem befinden sich etliche Menschen in einem eklatanten Widerspruch: Sie haben panische Angst vor dem Strahlenpotenzial ihres Spielzeugs und halten es sprechend armlang von sich, so dass die sie umgebenden Menschen die Stimme und die Worte der Handykorrespondenten lautstark vernehmen und die Gespräche mitverfolgen können.
Ähnelt das nicht einem Massenlager?