Eine Geisterbahn dient dem Zweck, ihre Besucher und Fahrgäste zu erschrecken. Erschreckend ist der Unterschied zwischen den Geisterbahnen der fünfziger Jahre und heute. Damals genügten einige Skelette, Teufel, und gruselige Gestalten, um Gänsehaut auszulösen. Die heutigen Geisterbahnen haben massiv an Brutalität zugenommen. Die technischen Errungenschaften eröffnen Möglichkeiten, die derart echt wirken, dass den – unerfahrenen – Besuchern der Angstschweiss übers Gesicht rinnt.
Bereits auf mittelalterlichen Märkten erfreuten sich sogenannte Kuriositäten-Shows grosser Beliebtheit. Dort wurden Menschen mit körperlichen Behinderungen und Missbildungen quasi „ausgestellt“, um Besuchern Gruselgefühle zu vermitteln. In späterer Zeit kamen noch missgebildete und/oder exotische, oft „zurechtgeschminkte“ Tiere hinzu. Ab dem frühen 17. Jahrhundert kamen mobile wie stationäre Gruselkabinette auf. Mit der Entdeckung und Industrialisierung der Elektrizität eröffneten sich Fahrgeschäft-Betreibern völlig neue Dimensionen. Erste, moderne Vorläufer der Geisterbahnen waren die sogenannten Grottenbahnen, in denen Fahrgäste durch künstliche Höhlen reisen und wo oft Figuren und Szenen aus populären Volksmärchen auf die Besucher warten. Bei Grottenbahnen steht allerdings das Verzaubern und Begeistern der Besucher im Vordergrund, nicht das Erschrecken. Den ersten Schritt zur „echten“ Geisterbahn machte die Grottenbahn „Elektro-Höllenbahn“ der Firma Hitzig aus dem Jahr 1926. Dort wurden nicht mehr nur märchenhafte Figuren, sondern vor allem Teufel und Drahen eingesetzt. Die historisch älteste, elektrisch betriebene „echte“ Geisterbahn der Welt heisst „Ghost Train“, befindet sich im Blackpool-Pleasure-Beach-Vergnügungspark im Nordwesten Englands und wurde im Mai 1930 eröffnet.
Warum muss der heutigen Generation viel gewalttätigere „Kost“ geboten werden als vor siebzig Jahren? Die Bum-Bum-Musik, die aus getunten Autos schallen, Bands, die ihre Seelen aus dem Leib schreien, weibliches Gekreische in Songs, als würden die Sängerinnen bei lebendigem Leib gehäutet, bildende Kunst voller Hässlichkeiten, grobes Kunsthandwerk,, hässliche Schriften auf Graffitis, Lärm von Baustellen und von Lastwagen, Verrohung der Sprache, dümmlich-primitive Werbesprüche, Gewalt, immer mehr Gewalt in Blockboosters, Affinität zu Monstern, eine Banalisierung des Todes in Videospielen, in denen man sich totschiesst, die Getöteten jedoch sofort wieder aufstehen, als gäbe es den Mord nur virtuell, Beleidigungen, Drohungen, Verleumdungen auf den sozialen Medien, Gewalt überall und gegen jedermann, Hass, selbst bei eingefleischten Patrioten, Feindbilder, die gezielt vermittelt werden, Fake News, um Aggressionen zu schüren: was ist mit der Menschheit geschehen? Es scheint, als ob die Menschheit Kriege benötige, um danach nach Frieden zu lechzen. In Afrika verstümmeln Menschen Menschen mit Macheten, in Syrien schlachten Muslime Muslime ab, in Afghanistan terrorisieren ungebildete und der Geschichte unkundige Talibans die Bevölkerung, vornehmlich die Frauen, vor denen sie sich fürchten, in den USA misshandeln Polizisten Menschen, weil sie gebräunte anstatt rosarote Haut aufweisen, Hooligans vermöbeln die Hooligans der gegnerischen Mannschaft, wegen eines Spiels riskieren sie Menschenleben mit Petardenwürfen. Die Menschenleben wurden abgewertet … Tausende von getöteten Zivilisten, Pech gehabt, die werden dann wieder aufgefüllt im Gestell, nicht wahr?
Geisterbahnen eröffnen ungeahnte Assoziationen. Die Geister, die sie rufen, sind böse.