28. März 2018 Doris Schöni 0Comment

Wer gibt denn heute zu, sich bei Fussball-Spielen zu langweilen? Jeder und jede weiss Bescheid, kennt sich aus in den Regeln, schimpft auf den Schiedsrichter, im Volksmund liebevoll „Schiri“ genannt, und kennt die Transfersummen der Spieler. Es gibt bestimmt Bücher, die sich eingehend mit der Faszination Fussball auseinandergesetzt haben, aber ist das Phänomen damit enträtselt worden?

Viele Menschen können sich mit Fussball identifizieren. Wer hat schon nicht als Kind einen Ball gegen die Hausmauer oder das Garagentor geschmettert? Bei der Faszination spielt sicherlich auch der Faktor der Idolisierung eine grosse Rolle. Menschen lieben, ja oftmals brauchen Idole. Auf sie übertragen sie ihre Wünsche und Hoffnungen. Das Idol übernimmt die Vorbildfunktion und wird geehrt, so wie man selber gerne geehrt sein möchte. Die Verehrung schluckt auch mühelos  den latenten Rassismus vieler Fans. Kein Mensch verliert ein Wort darüber, dass eine ansehnliche Zahl von Fussballidolen Secondos oder Papierlischweizer muslimischen Glaubens sind. Also jene, vor denen man sich fürchtet und die man zurückschicken möchte. Vielversprechende, ausländische Fussballtalente haben weniger Mühe, eingebürgert zu werden als der arbeitslose, Cannabis rauchende und umher schlendernde Jugendliche von nebenan. Und noch immer nährt das Bild des Tellerwäschers, der zum Millionär mutiert, die Hoffnungen der Durchschnittlichen.

Fussballfans lauschen aufmerksam der Kommentare der Fussballexperten, die nach der Halbzeit und nach dem Schlusspfiff das Spiel analysieren, indem sie das erzählen, was die Zuschauer ohnehin gesehen haben. Unter den Experten finden sich oftmals frühere Spitzenkicker, wie zum Beispiel Alain Sutter. Dass dieser vergessen hat, woher er stammt, nämlich von Bümpliz, dokumentiert er in seiner Sprache: Sein Berndeutsch hat sich dem Standard-Dialekt der (Cervelat-) Prominenz angepasst, halb Zürich- Oltenerdialekt mit Berndeutsch-Reminiszenzen. Das gehört eben auch zur Faszination Fussball, nämlich Opportunismus. Man passt sich dort an,  wo es einem etwas einbringt.

Ob Fussball-, Tennis- oder Golfspieler und sicherlich auch noch Profis anderer, publikumswirksamer Sportarten: Ihr Einkommen ist viel zu hoch, denn es geht ja in ihrer Arbeit nur (?) um Sport, also eigentlich um ein Spiel. Dass sie viel mehr verdienen als Wissenschafter, aber auch Angestellte in Alters- und Pflegeheimen, ist tieftraurig. Ist das ein Abbild der heutigen Gesellschaften? Viel Lärm um nichts? (s. William Shakespeare’s Komödie „Viel Lärm um nichts“).


  

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