22. März 2021 Doris Schöni 0Comment

Fairness lernt der Mensch beim Betreiben von Spitzensport. Dazu ist zu bedenken, dass es fairere und unfairere Sportarten gibt.  Sonderbarerweise sind unfairere Sportarten beim Publikum beliebter. Sie übernehmen dabei die Funktion einer Projektion: Der Mensch delegiert seine Unfairness und ist sich deren nicht bewusst.

Aber was ist eigentlich Fairness? Sie ist ein ungeschriebenes Gesetz, und ungeschriebene Gesetze sind per se leichter anwendbar als aufgezwungene. Übergeordnet bedeutet Fairness, andere Menschen so zu behandeln, wie man selber behandelt werden möchte. Fairness gebietet Respekt, Respekt vor dem „Gegner“, dem Gegenspieler. Im Sport heisst das, den „Gegner“ nicht zu unterschätzen, denn auch ein schwächerer Gegner ist imstande zu gewinnen. Natürlich ist es ärgerlich, gegen einen schwächeren Gegner zu verlieren. Begegnungen auf demselben Niveau sind qualitativ interessanter, gehaltvoller, abwechslungsreicher und herausfordender. Ist der Gegner schwächer, überträgt sich diese Schwäche auch auf den stärkeren. Das ist ein unbegreifliches Phänomen … .

Im täglichen Leben ist dieses Phänomen auch anzutreffen. Der Mensch senkt automatisch sein Niveau, wenn er sich mit Menschen von niedrigem Niveau abgibt. Möglicherweise ist das ein fairer Akt, möchte man doch jenen mit niedrigem Niveau nicht verletzen. Das Umgekehrte ist selten. Nach oben zu nivellieren würde Einsicht benötigen. Aber: Was heisst denn schon Niveau? Unterschiede in der Ausbildung, im Einkommen, in der Allgemeinbildung, in Sprachkompetenzen, im analytischen, logischen Denken, in der Realisierung von Projekten, in der Kultur, aber in welcher?

Fairness gebietet Empathie. Sich nicht in den Niederungen von Verleumdung, Intrige, unnötigem Machtgerangel zu verlieren. Gradlinig, mit offenem Visier zu handeln. Keine Verschwörungen gegen einzelne Menschen und missliebige Menschengruppen anzuzetteln. Die Definition von Fairness ist erweitert worden, vieles wird als fair bezeichnet, das die Fairness lügen straft. Beispiel: Fairer Handel. Das ist an sich ein Widerspruch. Beim Handel – ob fair oder nicht – hat immer eine Partie einen Vorteil.

Auch unfairer Sport wird mitunter als fair bezeichnet, bis er derart unfair wird, dass er sich selbst demaskiert. Und jeder Mensch entwirft sich Kriterien, nach welchen er Fairness definiert. Ist es fair, dem Menschen in der Schlange vor einer Kasse das Einkaufswägelchen in die Kniekehlen zu rammen, damit er nicht ständig stehen bleibt? Nein, das ist unfair. Ja, das ist fair angesichts seiner Unfairness, wartende Menschen noch länger warten zu lassen.

Oft tut auch der Unrecht, der nichts tut. Wer das Unrecht nicht verbietet, wenn er kann, der befiehlt es! (Marc Aurel, [121-180], römischer 
Kaiser und Philosoph
                                   

 

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