… eine als negativ empfundene Erfahrung, die zu Resignation führen kann. Es ist bekannt, dass man enttäuscht wird, weil man sich getäuscht hat, also zu hohe Ansprüche gestellt hat. Im weitsten Sinn eine Hoffnung, die man erhoffte, aber nicht erfüllt wurde. Es ereignen sich aber auch tiefe Enttäuschungen ohne hohe Erwartungen. Aus dem täglichen Leben sozusagen.
Man stelle sich vor: Man wird auf den Geburtstag eines Freundes, der oftmals mehr Feind als Freund ist, aufmerksam gemacht. Man möchte ihm trotz Zwistigkeiten anlässlich seines Geburtstages für geleistete Dienste danken und ihm eine kleine Freude bereiten. Was würde ihm Freude bereiten? Er mag Süssigkeiten. Mit Vanille. Nach einer viertelstündigen Fahrt betritt man eine Bäckerei und fragt, ob sie Bienenstiche auf Bestellung fertigen. Nach der Bejahung bestellt man deren zwei, die an einem bestimmten Tag zum Abholen bereit sind. An diesem selben Tag besorgt man sich eine Geburtstagskarte und Zierkerzen für den Kuchen. Die Bienenstiche liegen bereit, sie sind dick mit Vanillecreme bestrichen und derart gross, dass dieTortenschachteln nicht zu schliessen sind und man aufpassen muss, dass ihnen bei der Fahrt nichts geschieht.
Man kredenzt dem Geburtstagsfeiernden den flackerende Bienenstich und gratuliert artig. Mit verkniffenen Lippen dankt er einwortig. Man bleibt ein Weilchen sitzen und ahnt noch nichts von seiner Geburtstagsfeier, zu der man nicht eingeladen ist. Es seien, so erzählt einer, der ebenfalls davon ausgeschlossen wurde, nur alte Freunde eingeladen. Dass man älter als alle alten Freunde ist, schmerzt heftig.
Man ist nicht nur enttäuscht, sondern verletzt. Hatte man sich derart getäuscht? Oder zu hohe Ansprüche gestellt? Man hatte, ja, einen freundlichen Dank und vielleicht trotz der Zwistigkeiten eine Einladung erwartet, obwohl man zu jener Zeit noch nichts davon wusste. Natürlich wähnt man sich selber schuld. Ernüchtert begibt man sich auf den Weg der Resignation.
Nicht zu vergessen, dass man ein Ich ist.