29. April 2020 Doris Schöni 0Comment

„History“ auf ZDF-info berichtete einen Abend lang über die Neonazis in Deutschland und den USA. Diese Szene erlebt einen grossen Aufschwung und ist weltweit vernetzt. Die Neonazis wittern Morgenröte: Sie werden wieder akzeptiert und wagen es deshalb, sich öffentlich zu zeigen und vor allem ihre unglaublichen Aggressionen auszuleben. Es entstehen immer mehr Gruppen – Gruppen, die verboten werden, bilden sich unter einem anderen Namen neu. Der Verfassungsschutz in Deutschland stufte bisher die linken Vereine und Islamisten als gefährlich ein, übersah jedoch, dass die Neonazis eine weit grössere Bedrohung darstellen.

Die Neonazis sind Hassbürger. Sie hassen alles Fremde, weil sie Angst vor Veränderungen haben. Sie wünschen sich ein arisch reines Deutschland, sie zünden Immigranten-Unterkünfte an, um die Einwanderer zu vertreiben. Neonazis propagieren, der Dritte Weltkrieg stehe vor der Tür. In diesem Krieg käme ihre Waffentüchtigkeit, die sie regelmässig trainieren, zur Geltung. Sie töten Muslime und behaupten, diese würden ihre Frauen schlecht behandeln. Es ist jedoch eine Tatsache, dass die meisten Neonazis grosse Probleme mit Frauen haben, man denke nur an Anders Behring Breivik und seine Nachahmer.  Die neue Rechte sehnt sich nach militärischen und zivilen Führern, braucht Strukturen, fordert ein Deutschland wie unter Hitler, ist Opfer von Verschwörungstheorien, bezichtigt die Juden, die Weltherrschaft zu erlangen. In Deutschland und den USA bezeichnen die neuen Nazis den Holocaust als reine Erfindung.

Die augenblicklich erfolgreichste Propaganda der rechten Gruppen sind ihre Konzerte, die sie in Deutschland im vergangenen Jahr an hunderten von Orten organisiert haben. Die Rechtsrocker (der Band „Kraftschlag“) grölen mit verzerrten Gesichtern zum Beispiel den folgenden Song:

„Wir werden uns wehren
Und stolz für unsere Zukunft streiten
Wir werden kämpfen
Bis das Blut und keine …
Wir fallen niemals
Auf die Knie vor diesem Lumpenpack
Zur Not mit Knüppeln oder Steinen
Dann gibt´s richtig auf den Sack“.

Mit ihren Rockbands versuchen die Neonazis, Jugendlichen den Nationalsozialismus näher zu bringen. Sie haben anscheinend damit grösseren Erfolg als der Geschichtsunterricht, der möglicherweise das „Dritte Reich“ und seine Gräuel zu wenig thematisiert hat. Die Rockkonzerte versetzen die Zuschauer, die sehr viel Bier konsumieren, in aggressive Trance. Sie verprügeln jeden, der nicht zu ihnen gehört. Sie lösen ihre Frustrationen nur mit Gewalt. Und die Polizei, na ja, greift ungern ein. Wie Extremismusforscher aussagen, finden sich in Polizei-und Militärkreisen die meisten Rechtsextremen.

Es wäre tröstlich, behaupten zu können, die rechtsextremistische Szene setze sich aus tumben, ungebildeten, funktionalen Analphabeten, Söhnen aus bildungsfernen Familien zusammen. Dem ist nicht so. Diese Gruppierungen sind ein Spiegelbild der ganzen Gesellschaft. Die Verbrechen der Nazis im Zweiten Weltkrieg wurden zu schnell vergessen, sprich verdrängt,  zu wenig analysiert, zu wenig wachgehalten. Die Welt hat sich zu wenig gewehrt gegen die Denunzianten, Mitläufer und die vielen unbestraften Täter, die nach dem Krieg zu Amt und Würde kamen. Und der unterschwellige Antisemitismus schwelte weiter mit der Konsequenz, dass der Tod von Millionen von Juden mit dem lapidaren Satz abgetan wurde: „Ach, lasst uns doch zufrieden mit dieser alten Geschichte. Die Israelis sind ja nicht besser als die Nazis“.

Extremismusforscher und Historiker warnen vor der braunen Renaissance. Und wie schon einmal werden die Warnungen negiert, banalisiert, verspottet. Warum?

 

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