10. April 2022 Doris Schöni 0Comment

Besuch des männlichen Paars, einem Berner und eines Franzosen. Der Franzose gibt sich grosse Mühe, Deutsch – Hochdeutsch – zu sprechen. Den „Blick“ kann er lesen, die“ NZZ“ nicht. Soviel zu seinem Deutsch-Niveau.

Des Franzosen Unbill: Seine Hochdeutsch-Bemühungen sind für die Katz, da man ihm auf Dialekt antwortet. Den hat er nicht in der Schule gelernt und auch nicht im Umgang mit seinem Berner Freund. Zudem fragt er sich, ob er Bern-, Zürich-, Basler- oder Walliserdeutsch lernen müsste. Unter demselben Problem leiden auch drei schulpflichtige Nachbarskinder, die ihre ersten Schuljahre in Frankreich verbrachten, sich dann mit ihrer Mutter in der Agglomeration von Bern niedergelassen haben und nun auch die Deutschschweizer Schule besuchen. Sie müssen nun sozusagen zwei neue Sprachen lernen, Dialekt und Hochdeutsch. Das Mädchen, das in Frankreich bereits im „Collège“ war, muss in der Schweiz die fünfte Klasse wegen mangelndem Deutsch wiederholen. Eine flexible Lösung – obwohl sie eigentlich auf der Hand liegt – wurde versäumt, auf der anderen Seite hilft das Mädchen der Französischlehrerin, die offenbar in dieser Sprache nicht sattelfest ist.

Während und nach dem Zweiten Weltkrieg vermieden es die Schweizer im allgemeinen, Hochdeutsch zu sprechen. Vor 77 Jahren war das verständlich. Heute allerdings gibt es keinen Grund mehr, dem Hochdeutschen aus dem Weg zu gehen. Wenn man die Ausdrucksfähigkeit zwischen Deutschen und Schweizer Politikern vergleicht, dann steigt einem die Schamröte ins Gesicht. Anstatt Eloquenz und Eleganz Unbeholfen- und Ungeschliffenheit. Das ist verständlich, wenn man fast ausschliesslich Dialekt spricht und schreibt. Reden von deutschen Politikern, TV-Sprechern und -Moderatoren, Beteiligten an Talkshows usw. sind oder wären ausgezeichnete Deutschstunden. Im Übrigen ist es auch beschämend, wenn in deutschen Filmen Schweizer oft als Tölpel, die das K kratzen, die Fälle falsch anwenden und das R rollen wiedergegeben werden. Das haben sich jedoch die Schweizer selber zuzuschreiben. Der Dialektwelle gebührt Dank. Da sich viele Schweizer des Hochdeutschen nicht mächtig fühlen, schreiben sie in ihrem Dialekt, nicht wissend, dass es auch dort Regeln gibt.

Dialekt und Hochdeutsch sollten selbstverständlich sein und sich nicht ausschliessen.

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