Schauplatz: Kurzparking am Bahnhof Bern. Ich bin im Begriff, meinen Nachbarn abzuholen und da er etwas gehbehindert ist, bin ich froh, ganz in der Nähe des Ausgangs einen Parkplatz gefunden zu haben.
Ein kleines Auto klemmt mich beängstigend ein. Der jüngere Besitzer steigt aus und eilt, sein Handy schwingend, in den Bauch des Bahnhofs. Mittlerweile ist mein Nachbar aufgetaucht, hat sein Gepäck verstaut, ist eingestiegen und stopft seine Pfeife. Nach einer Weile ist der Einklemmer noch nicht zurückgekehrt, also starte ich den Motor und fahre in Schritttempo rückwärts. Sanft touchiere ich die Stossstange des kleinen Autos, das mir keinen Platz gönnt. Mit Gejohle springt der Kleinwagenbesitzer – wie Deus ex machina – herbei und beginnt, mich zu beschimpfen. Ich beteuere, sein Autöchen kaum angestossen zu haben, er aber vollführt ein Riesentheater, verschwindet erneut, ich denke, die Sache sei nun erledigt und fahre davon.
Als ich gemütlich die Zeitung im Garten lese, tauchen plötzlich zwei uniformierte Polizisten am Gartentor auf und fragen mich nach meiner Identität. Sie entspricht ihnen und sie treten in meine Sphäre ein. Sie wollen wissen, was sich im Kurzparking am Bahnhof abgespielt hat. Ich sage: nichts. Ausser vielleicht einem Verrückten, der mich bezichtigte, seine Stossstange, die ich sanft berührte, weil er mich derart eingeklemmt hatte, beschädigt zu haben. Deshalb seien sie, die Polizisten, hier bei mir. Sie seien, präzisieren sie, von Ostermundigen. Nicht von Gümligen? Nein, sie seien von der Bahnhofpolizei (vielleicht irre ich mich da) benachrichtigt worden. Ob sie sich nicht setzen wollen? Nein, sie seien schon genug gesessen heute. Sie fragen mich die üblichen Sachen, leider kann ich mich nicht an sie erinnern. Die beiden Polizisten sind jung und nett, so bin ich alt und ebenso nett. Sage nur etwas maliziös, ich sei etwas verwundert, dass sie mich wegen solch einer Lappalie Zuhause besuchen. Die beiden erröten nicht und gehen von dannen.
Nach Tagen kommt ein Unfallformular von der Allianz-Versicherung, das ich ausfüllen müsse, ein Formular, das ich aber wegen seiner Kompliziertheit nicht ausfülle, sondern lediglich den Zwischenfall am Bahnhof schildere. Darauf erhalte ich den Entscheid, ich müsse 800 Franken für die Reparatur berappen, da ich sonst viel mehr Jahresprämie zu bezahlen hätte. Ich antwortete, meine Stossstange sei in bestem Zustad, ohne einen Kratzer abbekommen zu haben. Ich zweifle, ob alles mit rechten Dingen zugeht, zumal der Kläger bei Amag arbeitet. Im nächsten Mail von der Versicherung räumt die Schadenverantwortliche ein, zwei Autos hätten den Schaden verursachen können. Verärgert antworte ich ihr, man müsse eben feststellen, welches Auto den Schaden, wie immer er sein möge, evoziert habe. Es liege am Kläger herauszufinden, wer für den Schaden verantwortlich sei.
Nun ist die Sache wieder hängig. Ich weigere mich, für einen Schaden zu bezahlen, den ein anderer verbrochen hat. Der Kläger hat als Mitarbeiter von Amag riesige Vorzüge mir gegenüber; abgesehen davon hat sich der Versicherungsexperte mein Auto nicht angesehen, sonst hätte er festgestellt, dass meine Stosstange nicht den leisesten Kratzer aufweist. Es ist eine Unterstellung von mir zu vermuten, der Kläge habe mich absichtlich derart eingeklemmt, damit ich sein Auto beim Wegfahren berühre … aber: wenn es so wäre? Die Allianz-Versicherung habe ich jedenfalls informiert, dass ich zwar alt, aber im Vollbesitz meiner geistigen Fähigkeiten sei. Fortsetzung folgt?
Ja, die Allianz hat kein Einsehen. Sie will nicht abklären, welches Auto für den Schaden verantwortlich ist. Man müsse doch froh sein, meint die Schadenverantwortliche, dass lediglich ein Fahrzeug beschädigt worden sei. Ist das nicht blanker Zynismus? Und rät mir, einen Anwalt beizuziehen.