23. Juli 2022 Doris Schöni 0Comment

Alle Gäste mögen Diego. Er hebt sich von vielen Restaurantsbesitzern in Bern und Umgebung ab. Mit 6 Jahren aus Italien in die Schweiz gekommen, ist er ein richtiger Doppelbürger, er könnte Italiener als auch Schweizer sein. Allerdings verfügt die Italianità über einen kleinen Vorsprung, sei es in der Kleidung oder sei es in seinen eleganten Gesten.

Diegos Berndeutsch ist lupenrein. Mit seinen 60 Jahren arbeitet er hart: von morgens 9 bis Beizenschluss, wobei ihn seine Frau, Francesca, über Mittag und am Abend, unterstützt. Mit ihren bald 60 Jahren sieht sie blendend aus, hat eine tolle Figur und ist immer sehr elegant gekleidet. Ein harmonisches, wie es scheint, ein gut aussehendes Paar mit einer Tochter, bald zwei Grosskindern sowie zwei Hunden.

Weiss Diego, wieviele Biere an einem Sommertag serviert? Seine Stammgäste, und davon hat es sehr viele, trinken Bier um Bier um Bier, konsumieren aber auch literweise Weiss-und Roséwein. Einer der Gäste trinkt zum Bier auch einen weissen Schnaps, den er aber diskret hinter dem Bierhumpen versteckt, es ist ein äusserst freundlicher, älterer Mann. Die meisten der älteren Stammgäste sind reich bestückt mit „embonpoints“, zu Deutsch Korpulenz (in Magenhöhe).

Im Innern des Restaurants ist ein Tisch reserviert für Stammgäste, also Gäste, die noch stämmiger sind. Bei kühlen Abenden sitzt dort meistens ein Quarett von lachenden und lauten Frauen und Männern, die kräftig bechern und nicht immer die feinsten Ausdrücke wählen. Durchs Band weg besitzen sie aber dennoch die schönsten und wohl kostspieligen Autos. Ordinäre Sprache bedingt nicht ordinäre Automobile … .

Diego schleppt Bier, Weiss- und Roséweine herbei, die übrigens billiger sind als in den übrigen Restaurants in der Gegend. Er bietet Mittag- und Abendessen an, die ein Koch mit einem Helfer zubereitet. Dieser ist vielseitig, kocht er doch ebenso gut Pizze, Pasta und Rösti, neben üblichen Fleisch- und Meeresgetiergerichten. Fällt der tamilische Helfer aus, steht Diego in der Küche, kocht und hilft mit. Der Superbeizer scherzt mit seinen Gästen, lacht über ihre Witze und kommentiert Fussballspiele. Immer oder fast immer gut aufgelegt, nimmermüde, zu allen Gästen freundlich und höflich und sehr flexibel. Wie lange noch?

Es ist nicht auszudenken, sollte Diego einmal seiner Beiz, nein seinem Restaurant, den Rücken kehren. Das Beizensterben in dieser Region ist ohnehin arg. Würde Diegos Betrieb ebenfalls dazu gehören, so nähme man vielen nicht mehr ganz jungen Menschen, Handwerkern, Bauern, Unternehmern und anderen aus und ausserhalb der Umgebung eine Art Heimat. Darum merke: Bars und Clubs gibt es in Bern und Umgebung nachgerade genug, „locations“ für die beschriebenen Menschen fehlen leider immer mehr. Diego sei Dank.

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