28. Februar 2024 Doris Schöni 0Comment

Soeben komme ich von einer Schokoladenorgie. Orgie: ich habe viel der süssen Pracht gegessen. Bereits am Nachmittag frass ich im Eiltempo drei wundervolle Pralinés aus der Küche des Lindenhofspitals, präsentiert zu jedem Zvieri vom Zvierimann, der aber auch als Wäschemann beschäftigt ist, aber diesen Dienst etwas vernachlässigt: Ich habe ihn schon dreimal gebeten, schmutzige Wäsche abzuholen, leider ohne Erfolg. Er schlug mir einen Tausch gegen die gewaschenen Wäsche vor, vergass ihn jedoch. Es ist angenehmer als Schoggimann unterwegs zu sein. Mein Blutzucker ist dabei wohl wieder übermassen angestiegen, so dass ich mit Insulin wieder herunter gespritzt werde. Aber vielleicht hilft die Orgie dem ständig weichenden Körpergewicht, das ich zwar schätze, aber leider die runzlige Haut noch mehr prägt.

Und warum ich diese Banalitäten erzähle? Um mich davor zu schützen, mich mit der Möglichkeit von Metastasen zu befassen. Ich gehöre zu den Menschen, die lieber Vogel-Strauss-Politik betreiben (wobei die rechte Geschichte mit der Vogel-Strauss-Politik auf einem Schhwindel beruht), als der Wahrheit ins Gesicht zu schauen. Also stopfe ich mich mit Schokolade zu, das einzige Nahrungsmittel, das ich noch essen kann. Die Schoggi-Orgie wird – wie jede Orgie -Konsequenzen haben. aber eigentlich fühle ich mich wie in den Ferien: Ich verfüge über ein Riesenzimmer, das ich natürlich völlig belegt habe, ich werde mit Brei ernährt, eine schreckliche Kost, aber eine andere, ertrage ich nicht, ich lese, arbeite am Computer an Leserbriefen, höre den ganzen Tag Musik, die Angestellten freuen sich über diese klassische Musik, empfange Freunde, schreibe SMS, maile, schaue aus dem Fenster, lese vor allem Zeitungen, fresse Pralinés, meine Wäsche wird gewaschen, ich gehe spät zu Bett, telefoniere stundenlang, plaudere mit den Pflegenden, fordere Apfelsaft, eiskalten Sirup, aber ein Stückchen Bitterkeit gelangt an die Oberfläche: In der Urologie im letzten Jahr fühlte ich mich viel wohler, es herrschte ein anderer Geist, es war fröhlicher, unbeschwerter, gebildeter und auch besser. Es kam nie vor, dass die Badehzimmerwäsche nicht ersetzt worden war, hier schrubbt die Hilfskraft die Türen und vergisst meinen Apfelsaft. In der Urologie hatte es viel jüngere und effizientere Pflegerinnen. Sie waren jung, hübsch und äusserst tüchtig, aber voller Übermut und Schalk. Und auch der behandelnde Arzt ist mir nichtr besonders sympathisch: ein Bündner Berglertyp mit einer Neigung zum Pfarrherrn. Er nimmt meine Hand und kniet vor mir nieder, wenn er mir etwas Wichtiges mitzuteilen hat. Ein urchiger Schweizer ohne den französischen Charme eines Deutschen. Und ich habe Hunger und kann ausser Schokolade nichts essen. Ob wohl je einmal einer oder eine im Schlaraffenland verhungert ist?  Sie ist am Essen verhungert, wird in meinen Grabstein gemeisselt. Eigentlich bin ich zu tiefst unglücklich, nicht wegen meiner Krebserkrankung, 

Sollte Schokolade nicht Glückshormone generieren

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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