Rauchen ist heutzutage verpönt. Raucher werden gezwungen, sich zu verstecken, also wie zur Jugendzeit im Geheimen zu rauchen. Am wohlesten ist es den Rauchern Zuhause, dort können sie – falls sie alleine wohnen – nach Lust und Laune ihrer Sucht frönen.
Es ist eine quere Geschichte. Mit unerbittlichen Nichtraucherinnen nach Luzern mitzufahren, zielorientiert ins KKL zu marschieren: Rauchen ist nicht angezeigt. Die Nichtraucherinnen drängen, so schnell als möglich ihre Plätze im Konzertsaal einzunehmen, obwohl die Vorführung erst in Dreiviertel Stunde beginnt, die Rauchende erbittet sich eine Auszeit vor dem von Jean Nouvel erbauten Kunstwerk. Das Konzerttäschchen ist vollgepfropft, so wird es schwierig, Zigarettenpackung und Feuerzeugt aus dem Täschchen zu klauben. Die Rauchende begibt sich zu einem Stehtisch, um sich eine Zigarette anzustecken. Zuerst findet sie da Feuerzeug, legt es auf den Tisch und gräbt dann weiter, um die Zigaretten hervorzuklauben. Plötzlich gesellt sich ein Mann neben sie. Ein kleiner, dünner Mann in Anzug mit Kravatte, die Anti-Corona-Maske bereits umgebunden. Sie sucht weiter und befördert erleichtert die Zigarettenpackung an die frische Luft. Als sie zum Feuerzeug greifen will, ist es verschwunden. Sie schaut unter den Stehtisch, nichts. Dann vergraben sich ihre Finger erneut ins Täschchen, sie fahndet und fahndet und beschimpft sich, nicht ein zweites Feuerzeug eingepackt zu haben, der Platz war jedoch zu eng. Sie schaut zum kleinen, dünnen Mann. Der schaut zurück, blickt unschuldig, so dass sie es nicht wagt, ihn um das entwendete Feuerzeug anzugehen. Sie eilt zum nahe gelegenen Restaurant, steht Schlange, und erntet ein mitleidiges Kopfschütteln mit ihrer Frage. Ja klar, die rauchfreien heutigen Restaurants haben weder Zündhölzer noch Feuerzeuge. Sie rennt über die Strasse in der Hoffnung, in der Pilatusstrasse einen Kiosk zu entdecken. Je weiter sie sich vom KKL entfernt, desto dringender wird ihr Verlangen nach Nikotin. Uhren,Schmuck, Kleider, Kameras, Restaurants, aber kein Kiosk weit und breit. Sie nimmt nun Personen ins Visier, die rauchen, um sie um „Feuer“ zu bitten. Doch kein Mensch raucht.
Sie läuft immer weiter vom KKL weg. In fünf Minuten wird der Gong erklingen, um die säumigen Konzertbesucher zum Eintritt in den Saal zu bewegen. Ihre Füsse schmerzen. Ihr Mund fühlt sich schal an ohne Tabak. Sie muss nun umkehren. Springt trotz schweren Füssen zur Kultur und weg vom Konsum. Endlich im KKL angekommen, sucht sie im Täschchen nach der Eintrittskarte. Einmal mehr muss sie dessen Inhalt ausleeren. Zuunterst und völlig zerknittert klaubt sie das Billett heraus, wird eingelassen, sucht den „Balkon links“und vernimmt den Applaus für den Pianisten. Die Türe zum Saal ist geschlossen. Sie klopft. Eine Platzanweiserin kommt erbost und erklärt, leider sei sie Raucherin zu spät. Und da es wegen der Corona-Epidemie keine Pause gebe, verpasse sie das ganze Konzert. Sie beschwört und bettelt. Die ersten Akkorde erklingen und die Türe geh vor ihrer Nase zu. Endgültig.
Nun hat sie genügend Zeit, um einen Kiosk zu suchen.