Der Präsident der Evangelisch-reformierten Kirche, Gottfried Locher, musste zurücktreten. Die Weiblichkeit wurde dem verheirateten Pfarrer zum Verhängnis. Er soll „Grenzverletzungen“ – was alles dies heissen mag – begangen haben. Er hat seine Affären schlecht bewirtschaftet, er hätte sie besser verstecken müssen, um nicht als „Sünder“ dazustehen. Die evangelisch-reformierte Kirche handelte mit ihrer Verurteilung von Lochers Privatleben unchristlich. Der Einwand, er müsse ein Vorbild für die reformierte Kirche im Land sein, ist nicht mehr zeitgemäss, zumal die heutigen Vorbilder aus Sport und Unterhaltungsindustrie stammen. Pfarrer sind so wenig Vorbilder wie früher Lehrer, Polizisten und Bundesräte. In Johannes 8,1–11, geht es um die Geschichte einer Frau, die von den Schriftgelehrten und Pharisäern gefangen genommen wurde, da sie beim Ehebruch erwischt worden war. Nach dem Gesetz sollte sie gesteinigt werden. Jesus wurde gefragt, ob diese Strafe ausgeführt werden müsse. Jesus sprach zu ihnen: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie“. Allein mit der Ehebrecherin, sagte er zu ihr: „Ich verurteile dich nicht. Geh hin und sündige von jetzt an nicht mehr!“ Dem obersten Protestanten der Schweiz wurde eine solche Toleranz nicht gewährt. Folgende Frage bleibt wohl immer unbeantwortet: Verurteilten ihn wohlmeinende Pharisäer wegen seines Lebenswandels oder war ihnen seine Offenheit gegenüber Männern und Frauen, Sexualität, Prostitution und Trauung gleichgeschlechtlicher Paare zu fortschrittlich? Nichts passt besser zu Gottfried Lochers Gechichte als die Bibelstelle Johannes 8,1–11 … .