22. Juni 2020 Doris Schöni 0Comment

… lehren den Sportreibenden das Verlieren. Tränen nach einem verlorenen Kampf fliessen nicht nur bei jungen Fechtern, sondern auch bei Mitgliedern der Nationalmannschaft. Dabei kommt es natürlich darauf an, zu welchem Zeitpunkt des Turniers man eine Niederlage erleidet. In der Vorrunde eines Wettkampfs ist eine Niederlage weniger wichtig, als in den folgenden K.O.-Ausscheidungen, die einen bei einer Niederlage gnadenlos ins Aus befördern. Nach der 100. Niederlage hat man sich ans Verlieren gewöhnt. Aus Erfahrung weiss man, dass man heute gewinnen und morgen verlieren kann. Man hat auch gelernt, dass man sehr früh ausscheiden kann, wobei die Gegner wesentlich schwächer sein können.

Im Fechten verliert man lieber gegen ebenbürtige oder bessere, als gegen schwächere Konkurrenten. Im Leben ist es eigentlich das Selbe: Wer unterliegt denn schon gerne einem Gegner, der einem intellektuell das Wasser nicht reichen kann? Im Leben wie im Fechten ist das Tückische, dass gerade schwächere Gegner einen das Fürchten lehren, weil sie einen Stil oder eine Methode haben, die einem unvertraut und deshalb gefährlich sind. Es gab einen Fechter – heute ist er internationale Spitze -, der wild mit der Waffe fuchtelnd auf den Gegner losrannte und ungeachtet der Verletzungsgefahr Treffer irgendwie anbrachte. Sein Spiel war eine Beleidigung für die Anhänger des klassischen, französisch-ungarischen Fechtstils. Die Untelegenen schüttelten den Kopf und begriffen die Welt nicht mehr. Wie konnte ein solcher Haudegen, der jede Eleganz Lügen strafte, auf eine solche Art gewinnen? Im Umgang mit Menschen zeigen sich Parallelen: Nämlich Spezies, die auf einen Gegner eindreschen und denen es völlig schnuppe ist, den anderen zu verletzen. Verbissen verfolgen sie ihr Ziel, zu siegen oder dem Gegner eine Niederlage zuzufügen.

Wie gesagt: Im Fechten lernt man verlieren. Mit oder ohne Tränen … .

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