Autodafé („Urteil über den Glauben“) bezeichnet die feierliche, meist öffentliche Verkündung der Urteile der Prozesse der Spanischen oder Portugiesischen Inquisition. Die Vollstreckung der Urteile, insbesondere das Verbrennen auf dem Scheiterhaufen, fand nicht im Verlauf der eigentlichen Autodafés statt, sondern später an einem anderen Ort.

Zugegeben, der Titel ist falsch für den Inhalt, der folgend wird. Es geht darin nicht um die Verbrennung von Büchern, sondern um den Tod einer Frau im Feuer. Nein, es handelt sich auch nicht um die Ballade von Conrad Ferdinand Meyer (1825-1898) „Die Füsse im Feuer“ mit der Schlusszeile „Mein ist die Rache, redet Gott.“

Die Frau stirbt nicht auf dem Scheiterhaufen, sondern in ihrem Wohnzimmer. Ihre eigentliche Selbstverbrennung war nicht geplant, sondern eine logische Folge ihrer Unachtsamkeit. Wie in ihrem ganzen Leben wurde sie das Opfer ihrerselbst. Während bereits Monate zuvor wies ihre Kleidung etliche Brandlöcher auf. Als unverbesserliche Raucherin (verschiedener Kräuter) schlief sie am TV ein, die Zigaretten fielen herunter, auf ihre Kleidung, das Kanapee, den Teppich und den Steinboden. Vielfach schreckte sie aus dem Schlaf, weil sich eine Zigarette durch den Stoff ihrer Kleidung frass und eine Brandwunde hinterliess. Louis-Treize-Tischchen und Berber-Teppich waren mit angesengte Spuren versehen und Zigarettenstummel lagen am Boden verstreut.

Die Monate vor dem verhängnisvollen Morgengrauen hatte die Frau in Trauer, Enttäuschung, Gram und Zorn verbracht. Sie fühlte sich verraten, missverstanden, veräppelt, betrogen, verhöhnt, abgelehnt. Ihre Misanthropie wuchs, sie verabscheute viele und vieles. Sie suchte und suchte, wusste aber nicht, nach was. Sie hatte es satt, dieses Leben, in dem sie keinen Platz mehr hatte. Die reichliche Anerkennung, die ihr früher zuteil wurde, war versiegt. Sie zog sich zurück und zog es vor, die Nächte allein vor dem TV anstatt in Gesellschaft von Menschen zu verbringen. Natürlich rauchend.

Bis zu jenem lethalen Morgengrauen.