25. August 2021 Doris Schöni 1Comment

Schlechte Noten für die schweizerischen Lehrer: 800’000 Menschen in diesem Land  haben Mühe mit Grundkompetenzen wie Lesen und Schreiben, sind also Illetristen. Wie ist das möglich nach 9 Schuljahren? Hätte man nicht aufgehört mit Diktaten und Aufsätzen, wären den Lehrern wohl aufgefallen, dass einige ihrer Schüler ausserstande waren, einige Zeilen zu schreiben. Und im Lesen versagten sie ebenfalls.

Es gibt wohl viele Gründe für den Niedergang der Sprache. Einer davon ist sicher – in der Schweiz – die Dialektwelle. Man wies die jungen Leute an zu schreiben, wie ihnen „der Schnabel“ gewachsen ist. Vielleicht wollte man die Jungen damit ermuntern, überhaupt zu schreiben. Diese Welle erwies sich als sprachliches Desaster. Man schrieb und schreibt auf Dialekt, weil man sich des Hochdeutschen nicht sicher war und ist, aber nicht wusste und weiss, dass auch Berndeutsch grammatikalische Regeln aufweist. Das fehlerhafte  Berndeutsch wurde und wird zudem mit englischen Abkürzungen und Anglizismen gespickt und auch noch mit den unsäglich dummen Emojis versehen.  Unsäglich dumm, da man sie nicht selber kreiiert, sondern von einer kunstfremden  (amerikanischen?) Vorlage abkupfert. Da viele Schreiben fast nur aus Emojis bestehen, nähert man sich im 21. Jahrhundert der Bilderschriften aus dem 4. Jahrtausend vor Christus, den Bilderschriften der Sumer und Ägypter.

Im Übrigen findet man in mittelalterlichen und romanischen Kirchen Wandmalereien mit Darstellungen aus der Bibel, damit das „gemeine Volk“ den lateinischen Predigten der Priester folgen konnte. Bilderschriften für jene, die sprachen, wie ihnen der Schnabel gewachsen war … .

In der ganzen Stadt belehren einen Piktogramme, Bilder statt Worte. Die Bilder schaffen  Assoziationen, Wörter hingegen werden verschieden verstanden. Anstatt zu versuchen, die 800’000 Illetristen zum Lernen zu motivieren, ermuntern die Piktogramme zur Stagnation, so dass Lese- und Schreibschwächen zum Mainstream werden.

Es ist unumstritten, dass die Werbung massiv zum Niedergang der Sprache beiträgt. Sie strotzt nachgerade vor grammatikalischen Fehlern, schiefen Konstruktionen und an den Haaren herbeigeführten Gags. Beispiel? „Meine Frau zieht diese Uhr nie ab“. Dialektiertes Hochdeutsch … .

Um auf die Lehrer zurückzukommen: Der Lehrplan 21 sieht völlig überrissene Forderungen im Deutschunterricht vor. In den Fähigkeiten Lesen, Sprechen, Schreiben werden unrealistische Ziele verfolgt, die bestenfalls für Gymnasien taugen. Der Unterschied zwischen diesen Zielen und der Realität – 800’000 Illetristen – könnte grösser nicht sein. Das Fach „Natur, Mensch, Gesellschaft“ ist sehr wichtig, da es die jungen Menschen aufs alltägliche Leben vorbereitet. Jeder Mensch muss sich doch im alltäglichen Leben behaupten können. Sich integrieren, profilieren, optimieren … so soll das Leben des Durchschnittsmenschen verlaufen. Die Lehrer tragen möglicherweise nicht die Hauptschuld am Niedergang der Sprache. Sie befolgen ja nur den Lehrplan.

Lesen und Schreiben: Aussterbende Grundkompetenzen?

One thought on “10 von 100 Schweizern haben Mühe mit Lesen und Schreiben

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